Werbung

Immobilien haben Hochkonjunktur

Investoren entdecken deutsche Wohn- und Geschäftshäuser als lukrative Geldanlage

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Finanzkrise und die Strategie der Europäischen Zentralbank machen Immobilien in Hamburg, München und Berlin zu einer beliebten Geldanlage für Investoren aus aller Welt.
Sanierter Altbau in Leipzig – beliebtes Spekulationsobjekt bei Investoren
Sanierter Altbau in Leipzig – beliebtes Spekulationsobjekt bei Investoren

Großer Beliebtheit bei Investoren aus aller Welt erfreuen sich die kleinen aber feinen Hamburger Stadtteile Eppendorf, Hoheluft und Rotherbaum. Allein der lokale Makler Dahler & Company hat 1500 Vormerkungen von Kaufwilligen notiert, die eine Eigentumswohnung oder ein Mehrfamilienhaus erwerben möchten - meistens nicht für den Eigenbedarf, sondern als Geldanlage.

Makler machen derzeit gute Geschäfte

Die Maklergeschäfte boomen, selbst wenn der Kreis potenter Kunden für die drei Hamburger Stadtteile überschaubar ist. Immerhin wechseln in dem kleinen Areal nördlich der Außenalster rund 100 Immobilien pro Jahr den Eigentümer; zu saftigen Preisen. »Betrachtet man die beliebten Teilmärkte«, erklärt ein Sprecher Dahlers, »sind besonders Immobilien zur Eigennutzung und Kapitalanlage im Preissegment 250 000 bis 750 000 Euro sehr gefragt«.

Dahler erklärt den Boom mit »negativen Tendenzen« auf den Finanzmärkten, wodurch die Immobiliennachfrage in citynahen Stadtteilen steige. Sie gelten als wertsicher und versprechen hohe Renditen. Den Stadtteilen, Altmietern und Geschäftsleuten bekommt das zwar meist schlecht, aber bis der Mythos der »gewachsenen« Kultstadtteile verflogen ist, dauert es lange. Bis es sich negativ auf die Immobilienpreise auswirkt, ist die Karawane der Finanzinvestoren längst weiter gezogen.

Vor allem die Euro-Staatschulden- und die Finanzkrise befeuern die Immobilienhochkonjunktur in Deutschland. Von einem »nie gekannten Boom« berichtete Experte Rainer Zitelmann auf der Fachtagung »Verkauf von Eigentumswohnungen und Zinshäusern (Mehrfamilienhäuser, Anm. d. Red.) an ausländische Anleger«. Berlin gilt im internationalen Vergleich noch als Schnäppchenmarkt: Der Durchschnittspreis für eine 80-Quadratmeter-Eigentumswohnung beträgt 110 000 Euro - in Brüssel zahlt man 200 000, in Oslo 360 000, in London rund 500 000 Euro. Die relativ niedrigen Preise in Berlin, aber auch in anderen deutschen Großstädten locken Großinvestoren und vermögende Privatanleger.

Hierzulande dümpelten die Immobilienpreise jahrzehntelang vor sich hin, erst 2011 kehrte sich der Trend um. Ein Bericht der Bundesbank meldete einen Auftrieb bei den Preisen für Wohnimmobilien von 5,5 Prozent; in Ballungsräumen mit knappem Wohnungsangebot wie München und Hamburg legten die Preise noch schneller zu. Der Osten gilt nach rasendem Immobilienaufschwung mit ebenso rasantem Niedergang in den 1990ern - die Zahl der Bauarbeiter halbierte sich - heute als »überinvestiert«. Doch Anleger hoffen auch auf Preissteigerungen in Städten wie Chemnitz, Dresden, Erfurt und Leipzig.

Kritiker fürchten nun eine Preisblase, wie sie in den USA 2007 die Banken- und Finanzkrise auslöste. Laut einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Coinor rechnet inzwischen knapp jeder zweite Bundesbürger in Folge des Immobilienbooms mit dem Platzen einer Spekulationsblase.

Doch im Vergleich zu den sichereren Bundeswertpapieren verheißen Wohn- und Gewerbeimmobilien höhere Renditen. Eine Ausnahme bilden lediglich Büros. Hier legten die Flächen beispielsweise in München um rund 20 Prozent zu, während die Zahl der Bürobeschäftigten stagnierte.

Zentralbankgeld treibt die Preise hoch

Preistreibend wirkt das billige Geld der Europäischen Zentralbank, die kürzlich die Banken mit einer Billion Euro flutete. »Wir müssen vor diesem Hintergrund den Immobilienmarkt in Deutschland kritisch beobachten«, warnt Sparkassenpräsident Heinrich Haasis. Deutschland ist auch deswegen attraktiv für internationale Anleger, weil die Zinsen niedrig und Kredite damit billig sind: Davon machen selbst Ölmagnaten gern Gebrauch: Sie »hebeln« Eigenkapital mit Darlehen von einer Bank, um gleich zwei oder drei Häuser zu erwerben und die Profitrate zu erhöhen. Solange der zusätzliche »Zins« - die Mieten - höher ausfällt als die Zinsen für den Kredit ist das ein tolles Geschäft. »Nie zuvor standen Immobilien so hoch in der Gunst von Anlegern wie derzeit«, so Jürgen Schick vom Immobilienverband Deutschland.

Doch von drei Bundesbürgern wohnen zwei »zur Miete«. Und für die dürfte der Boom bald teuer werden: Gerade wurde der größte Immobiliendeal seit 2008 abgeschlossen: Die Patrizia Immobilien AG kaufte den Wohnungsbestand der angeschlagenen baden-württembergischen Landesbank LBBW mit Zustimmung der grün-roten Regierung für 1,44 Milliarden Euro. Der Verkauf der rund 21 500 öffentlichen Wohnungen an Privat ist der vorläufige Höhepunkt der jüngsten Marktbelebung.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal