Zwischen Babbeln und Bibbern

Hertha BSC hofft gegen Hoffenheim auf sich selbst und den FC Bayern München

  • Matthias Koch
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Fußballer von Hertha BSC zog es vor dem Abstiegsspiel gegen Hoffenheim in die abgeschiedene Provinz. Heute muss unbedingt ein Sieg her und Hilfe der Bayern gegen Köln.

Hertha BSC suchte sein Heil in der Provinz. Die Nacht vor dem heutigen entscheidenden Heimspiel gegen 1899 Hoffenheim verbrachten die hochgradig abstiegsgefährdeten Fußballer im brandenburgischen Hotel Sommerfeld. Dort hatten Trainer Otto Rehhagel und Manager Michael Preetz zum letzten Mal die Gelegenheit, die in der Rückrunde so enttäuschend auftretenden Akteure stark zu reden. »Wir haben noch mal die Chance, die Relegation zu erreichen. Die Jungs haben sich in dieser Woche sehr gut verhalten und auch zu einem gemeinsamen Abend getroffen«, sagte Rehhagel. »Ich bin überzeugt, dass alle bereit sind, dass Bestmögliche herauszuholen und das Spiel zu gewinnen.«

Seit Dienstagnachmittag trainierte Hertha unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Den Kampf um die Relegation soll die Mannschaft jedoch vor über 50 000 Zuschauern und gegen mehrere Gegner bestehen. Zum einen sind da die als Tabellenelfter völlig entspannt anreisenden Hoffenheimer. »Das ist eine sehr gute Mannschaft mit vielen zusammengekauften Fußballern. Die haben nichts mehr zu verlieren«, weiß Rehhagel. Trotzdem muss Hertha unbedingt gewinnen, um im Fernduell gegen den 1. FC Köln überhaupt eine Chance zu besitzen. Nur wenn die Rheinländer gegen den FC Bayern nicht gewinnen, kann Hertha mit einem Dreier gegen Hoffenheim vorbeiziehen. Das allein wird im Olympiastadion für Gebibber auf den Rängen und auf dem Rasen sorgen. Ob die Zwischenstände der Kölner auf den beiden Anzeigetafeln eingeblendet werden, wird wohl erst am Spieltag entschieden.

Erschwerend für die Charlottenburger ist, dass die Hoffenheimer seit einigen Monaten von einem absoluten Hertha-Experten trainiert werden. Chefcoach Markus Babbel, der 20 der 28 Punkte als Trainer für Hertha holte, schied im Winter im Unfrieden, weil er seinen Vertrag in Berlin nicht verlängern wollte. Babbel auf der einen sowie Preetz und Hertha-Präsident Werner Gegenbauer auf der anderen Seite bezichtigten sich damals gegenseitig des Lügens.

In mehreren Interviews in den vergangenen Tagen hat Babbel seinen Unmut über das schmucklose Ende bei Hertha noch einmal verkündet. Hertha schmeckt das überhaupt nicht und wittert ein Vergehen gegen eine wohl bei der Vertragsauflösung eingearbeitete Klausel der Verschwiegenheit. »Wir lassen das prüfen. Was seinerzeit vereinbart wurde, ist unser gutes Recht und unsere Pflicht«, sagte Preetz.

Die Spieler versuchen sich trotz dieses hausgemachten Nebenkriegsschauplatzes noch einmal zusammen zu reißen. »Der gegnerische Trainer hat mit uns ein halbes Jahr super zusammengearbeitet. Letztendlich interessiert mich aber nicht, wer Hoffenheim trainiert«, sagte Herthas Kapitän Lewan Kobiaschwili. »Wir müssen die elf Spieler auf dem Platz schlagen. Dass Markus Babbel uns gut kennt, wissen wir. Aber in der Situation, in der wir aktuell sind, kennt er uns auch nicht.«

Angst haben muss Babbel vor seiner Rückkehr nach Berlin aber nicht. Es sei denn, der Geist von Sommerfeld hat aus den Hertha-Mücken auf den letzten Drücker doch noch Elefanten gemacht. Die leidensfähigen Fans, die am Donnerstag von den Spielern in einem offenen Brief auf der Internetseite des Vereins um große Unterstützung gebeten wurden, hätten zumindest die Relegation verdient.

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