Nur Töne der gleichen Farbe?

Zuversicht und Skepsis bei syrischer Parlamentswahl

  • Karin Leukefeld, Damaskus
  • Lesedauer: 2 Min.
Erstmals haben die Syrer nach Einführung eines Mehrparteiensystems und eines neuen Wahlgesetzes am Montag ein Parlament gewählt.

Mehr als 14 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, zwischen knapp 7200 Kandidaten zu entscheiden, die um den Einzug ins Parlament mit 250 Sitzen konkurrieren. Landesweit waren mehr als 12 000 Wahlzentren eingerichtet worden. Unklar ist, ob in Unruhegebieten wie Homs, Hama und Idlib gewählt wurde. Wahlberechtigte, die aufgrund anhaltender Gewalt in diesen Gebieten in anderen Teilen des Landes Schutz gesucht haben, konnten dort zur Wahl gehen, hieß es.

Um mehrfaches Wählen auszuschließen, mussten die Wähler nach Stimmabgabe einen Finger in ein Tintenfass tauchen.

Das syrische Fernsehen berichtete seit den frühen Morgenstunden aus den Wahlzentren. Mehr als 200 arabische und ausländische Medienvertreter sowie 100 Persönlichkeiten aus arabischen und ausländischen Staaten seien zu den Wahlen angereist, hieß es. Innenminister Mohammad Ibrahim al-Shaar hatte sich am Sonntag von der Situation der Wahlzentren in Damaskus und Umgebung überzeugt, Polizei und Sicherheitskräfte seien angewiesen, jeden Versuch der Wahlstörung zu verhindern, hieß es in einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur SANA News.

Von Seiten der Opposition wurden die Wahlen abgelehnt. In einer Stellungnahme verurteilte der im Ausland agierende Syrische Nationalrat (SNR) die Wahlen, die »unter Beschuss, Raketen aller Art und Völkermord« stattfänden. »Wer Syrien in Blut ertränkt, zwei Millionen Syrer vertreibt und auf das syrische Volk schießt, hat kein Recht, eine Verfassung oder ein Wahlrecht zu erlassen oder Wahlen durchzuführen«, so der SNR.

Von der in Syrien aktiven Opposition wurden die Wahlen mit weniger drastischen Worten ebenfalls abgelehnt. Die Frauenrechtlerin Sawsan Zakzak bezeichnete den Wahlkampf der erstmals neu registrierten Parteien als »einen Wettkampf zwischen unterschiedlichen Tönen der gleichen Farbe«.

Im nördlich von Damaskus gelegenen Maalula zeigten sich die mehrheitlich christlichen Einwohner entschlossen, an den Wahlen teilzunehmen. »Ich unterstütze unseren Präsidenten und die von ihm vorgeschlagenen Reformen, dazu gehören auch die Wahlen«, sagte mir eine junge Frau. Sie werde »jemanden wählen, der gut und ehrlich ist«, das Wichtigste sei, dass Sicherheit und Frieden einkehre. Dann sollten Opposition und Regierung verhandeln.

Für die 29 Sitze, mit denen der Wahlkreis Damaskus-Stadt im neuen Parlament vertreten sein wird, kandidierten rund 900 Personen. Unter ihnen auszuwählen sei nicht einfach, hieß es immer wieder, viele seien gänzlich unbekannt. Die Wahlzentren schlossen um 22 Uhr. Ergebnisse der Abstimmung werden Mitte dieser Woche erwartet.

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