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Abholzen für den Autostahl

Greenpeace: Autokonzerne bauen weiterhin auf Holzkohle aus Regenwaldbäumen

  • Andreas Knobloch
  • Lesedauer: 3 Min.

Nicht nur Sojaanbau und Viehzucht gefährden den Waldbestand im Amazonasgebiet, sondern auch die Gewinnung von Holzkohle für die Produktion von Roheisen. Der daraus hergestellte Stahl wird an Autobauer geliefert, wie der kürzlich veröffentlichte Bericht der Umweltorganisation Greenpeace zeigt.. Der Bericht, für den zwei Jahre lang Informationen gesammelt und ausgewertet wurden, zeichnet die Zulieferkette nach.

Eines der am stärksten von Abholzungen betroffenen Gebiete ist die Carajás-Region, zu der Teile der nordbrasilianischen Bundesstaaten Pará und Maranhão gehören. Hier betreibt der brasilianische Bergbaukonzern Vale die größte Eisenerzmine der Welt. In der Gegend haben sich seit den späten 1980er Jahren über 40 Hüttenwerke angesiedelt, in denen das Eisenerz zu Roheisen weiterverarbeitet wird. Dafür ist Holzkohle nötig, die zum Großteil in kleinen abgelegenen Camps hergestellt wird. In diesen oft illegalen Köhlereien schuften meist Einwanderer aus den ärmsten Bundesstaaten im Norden und Nordosten Brasiliens unter gesundheitsschädlichen und zum Teil sklavereiähnlichen Bedingungen. Über Anwerber, sogenannte Gatos, werden sie in ihren Heimatorten rekrutiert, und später nicht selten in eine Art Schuldknechtschaft gezwungen. Nach Angaben der kirchennahen »Pastoralkommission für Boden« wurden zwischen 2003 und 2011 mehr als 2700 Menschen aus sklavenähnlichen Verhältnissen befreit.

Das Holz in den Köhlereien stammt in vielen Fällen aus illegalem Holzeinschlag. Aktivisten, die sich dagegen zur Wehr setzen, werden eingeschüchtert und ermordet. Die illegalen Rodungen bedrohen die Biodiversität und die indigenen Völker im Amazonas. Greenpeace erwähnt den Fall des 350 bis 400 Köpfe zählenden Volks der Awá-Guajá, das völlig isoliert als Jäger und Sammler im Grenzgebiet von Pará und Maranhão lebt. Erst vor 40 Jahren wurde es erstmals kontaktiert. Heute ist sein Überleben bedroht; Holzfäller, die bis tief in den Regenwald vordringen, haben knapp ein Drittel des Awá-Guajá-Landes zerstört.

Das mit Hilfe der Holzkohle hergestellte Roheisen wird zu 80 Prozent in die USA exportiert, durch Unternehmen wie Viena Siderurgica do Maranhão (Viena) und Siderúrgica do Pará (Sidepar). Sie beliefern u. a. Severstal Columbus, den US-Ableger des russischen Stahlgiganten SeverStal, zu dessen Kunden zum Beispiel Ford, General Motors, Mercedes, BMW und Nissan gehören. Das in Illinois ansässige Unternehmen National Metal Trading, das Roheisen von Viena bezieht, beliefert dagegen John Deere und ThyssenKrupp.

»Indem sie diesen Stahl kaufen, helfen diese sehr bekannten Marken, den Amazonas-Regenwald zu zerstören«, so Paulo Adário von Greenpeace Brasilien. Laut dem Greenpeace-Bericht machte ein Artikel des Mediendienstes Bloomberg bereits 2006 auf die erwähnten Missstände aufmerksam, passiert sei aber wenig. Während Ford immerhin sofort reagiert und kurzzeitig alle Geschäftspartnerschaften mit brasilianischen Roheisenfirmen eingestellt habe, um sie später allerdings wieder aufzunehmen, hätten andere Marken wie BMW oder Toyota keinerlei Reaktion gezeigt. Greenpeace kommt zu dem Schluss, dass keines der genannten Unternehmen öffentlich Anstrengungen unternommen habe, illegale Aktivitäten in der Zulieferkette zu bekämpfen.

Ein BMW-Sprecher versicherte gegenüber dem englischen »Guardian«, die Zulieferer unterlägen, seit sie »unsere Geschäftspartner geworden sind, denselben Umwelt- und Sozialstandards, die wir uns selbst gesetzt haben«. Er schränkte aber ein, dass er selbiges nicht für alle Zu-Zulieferer versichern könne.

Erst Ende April hat das brasilianische Parlament ein neues Waldgesetz verabschiedet, das den Schutz des Regenwaldes aufweicht und illegale Rodungen vor dem Jahr 2008 amnestiert. Es wird allgemein erwartet, dass Präsidentin Dilma Rousseff ihr Veto dagegen einlegen wird. Ende Juni findet zudem in Rio de Janeiro der Nachhaltigkeitsgipfel Rio+20 statt.

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