Keine Verbesserung

Kinderhilfswerk der UNO kritisiert in neuer Studie die anhaltend schlechte Lebenssituation von Kindern in Deutschland

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Deutschland engagiert sich im Kampf gegen die Kinderarmut zu wenig. In einer neuen Erhebung des Kinderhilfswerks UNICEF landet die Bundesrepublik nur im Mittelfeld.

Für viele Kinder sind die einfachen Dinge des Alltags in Industrienationen mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Mindestens eine warme Mahlzeit am Tag, ein ruhiger Platz für Hausaufgaben und regelmäßige Freizeitaktivitäten, etwa im Sport- oder Musikverein. Doch diese scheinbar so selbstverständlichen Güter und Angebote sind nach einer am Dienstag veröffentlichten Vergleichsstudie des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen für rund 30 Millionen Kinder in den 35 reichsten Staaten der Welt oft nur ein Traum, da sie in relativer Armut aufwachsen müssen. Allein in Deutschland sind fast 2,5 Millionen Kinder betroffen, rund die Hälfte muss laut UNICEF-Bericht auf notwendige Dinge wie regelmäßige Mahlzeiten oder Bücher verzichten.

Erstmals hat das Kindeshilfswerk für seine Studie »Kinderarmut messen - Neue Ranglisten der Kinderarmut in den reichen Ländern der Welt« eine umfassende Erhebung zur absoluten Mangelsituation von Kindern durchgeführt. Im Vergleich von 29 Staaten erreicht Deutschland mit Platz 15 eine Position im Mittelfeld und liegt hinter wirtschaftlich deutlich schwächeren Staaten wie Tschechien oder Slowenien.

Am Besten schneiden die skandinavischen Länder ab. »Es ist enttäuschend, dass Deutschland es nicht schafft, die materiellen Lebensbedingungen für Kinder entscheidend zu verbessern«, sagt Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland mit Blick auf frühere Studien. Für die Erhebung wurden 125 000 Haushalte in der EU befragt. Erstmals definierten die Wissenschaftler dafür 14 verschiedene Güter und Angebote, welche nach Ansicht von UNICEF einem Kind in einem wohlhabenden Land zur Verfügung stehen sollten. Dazu zählen neben drei Mahlzeiten am Tag, das Recht auf einen Internetanschluss oder zwei Paar Schuhe, von denen mindestens eines wetterfest sein muss. Fehlen mindestens drei dieser Dinge, wird dies als Hinweis auf eine »besondere Mangelsituation« gewertet.

In Deutschland leben nach dieser Definition 8,8 Prozent der Kinder in einer solchen Situation - also rund 1,2 Millionen Mädchen und Jungen. Beim Spitzenreiter Island sind es dagegen nur 0,9 und in Schweden 1,3 Prozent. Schlusslichter in Europa bilden Ungarn, Bulgarien und Rumänien. Grund zur Sorge bereitet vor allem die Tatsache, dass die Bundesrepublik bei der Bekämpfung von Kinderarmut zum Teil weit hinter wirtschaftlich vergleichbaren oder schlechteren Staaten zurückliegt. So liegt das Pro-Kopf-Einkommen in Großbritannien zwar unter dem in Deutschland, dennoch lebten nur 5,5 Prozent der britischen Kinder in einer Mangelsituation.

Besonders häufig fehlt es Kindern hierzulande an Freizeitaktivitäten, einer täglichen warmen Mahlzeit oder einem ruhigen Platz für die Erledigung von Hausaufgaben. Im Hinblick auf die in vielen europäischen Ländern beschlossenen Sparmaßnahmen infolge der Finanzkrise warnt UNICEF davor, im Bereich der Armutsbekämpfung Kürzungen durchzuführen.

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