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Gemeinsam am Herd statt einsam zur Mülltonne
Internetplattform gegen Lebensmittel-Vergeudung sucht Unterstützer
Rund die Hälfte unserer Nahrung landet im Müll, rund 20 Millionen Tonnen pro Jahr sind es allein in Deutschland. Ein Großteil davon wäre noch genießbar, entspricht aber nicht den Schönheits- und »Frische«-Standards, die angeblich Konsumenten und in der Folge Landwirte und Handel an Salate, Kartoffeln und Co. anlegen.
Also: Ab in die Tonne! So wird die Nachfrage nach Nahrungsmitteln künstlich forciert. Die Weltmarktpreise steigen – und mit ihnen die Zahl der Hungernden. Schlimmstenfalls wird Futter, aus Hungerländern des globalen Südens importiert, im Norden an das Schlachtvieh verfüttert, woraufhin die Tierleichenteile im Müll-Container des Supermarktes landen.
Fairteilen statt wegwerfen
Doch gemeinsam genießen ist besser als einsam zur Mülltonne zu gehen, meint das Netzwerk gegen Lebensmittelverschwendung. Gerade wird eine Internetplattform etabliert, »mit deren Hilfe Privathaushalte, Händler und Erzeuger ihre überschüssigen Lebensmittel anderen Menschen kostenlos anbieten können.«
Deren Grundidee: »Menschen teilen Essen. Es soll dabei kein Geld fließen, denn Teilen hat auch eine ethische Dimension. Wir wollen den Lebensmitteln damit wieder einen ideellen Wert geben, denn sie sind mehr als bloß eine Ware.«
Dabei sei es egal, ob Mitmachende ihre zu viel gekauften Lebensmittel bloß abholen lassen, die überreichliche Ernte des Apfelbaums im Garten verschenken oder zum gemeinsamen Kochen einladen wollen – Foodsharing, Essenteilen, lautet der Oberbegriff. Und das Prinzip funktioniert so: Man trägt die überschüssige Nahrung in eine Datenbank ein. Andere Nutzer erkennen dann, wer in der Nähe Lebensmittel los werden will – und dann kann man sie abholen oder gemeinsam verspeisen.
Gute Teil-Lösung
Laut einer Umfrage seien es gerade Single-Haushalte, die zu besonders viel Essen wegwürfen. »Wenn die Augen, oder die Packung, mal wieder größer waren als der Magen: warum nicht gemeinsam mit Fremden essen?«, fragen die Foodsharer, die offenbar auch einen Beitrag zur Miniminierung urbaner Vereinsamung leisten wollen.
Zwar liegt der Schwerpunkt auf Kontaktvermittlung von privat zu privat. Aber auch Bauern, Bäcker und Lebensmittelhändler könnten auf der Webseite künftig »Kontakt zur nächsten Tafel oder anderen Abnehmern finden, die sich über ihre Reste freuen«. Das ist optimistisch gedacht: Nicht umsonst versuchen viele Supermärkte, den (in juristischen Termini:) Diebstahl von allzu schnell weggeworfener Nahrung zu verhindern, indem sie Tonnen verschließen oder die Lebensmittel mit Chemikalien ungenießbar machen. Und dafür gibt es einen Grund: Wer Lebensmittel kostenlos bekommt, wird weniger kaufen.
Foodsharing.de wird also nur ein Teil-Problem abmildern. Immerhin aber das – und die Idee ist klasse. Möge sie gut umgesetzt werden: Derzeit sammeln die Macher noch Geld per »Crowdfund«, also von unten. Und sie suchen Mitarbeiter, die die Software und Design zu verringerten Honorarsätzen entwickeln.
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