Recyceltes Abwasser im Luxus-Resort

Städtekonferenz in Singapur: Auf der Suche nach den Metropolen der Zukunft

  • Michael Lenz, Singapur
  • Lesedauer: 3 Min.
In Singapur diskutieren Wissenschaft, Politik und Wirtschaft über die Stadt der Zukunft. Möglichst nachhaltig sollte sie sein; das Wasser- und Müllproblem ist noch lange nicht gelöst.

Ganz wohl ist einem bei einem Schluck Newater nicht. Auch wenn dessen Qualität die Trinkwasserstandards der Weltgesundheitsorganisation übertrifft. Trotzdem: Noch ist die Akzeptanz des aus recyceltem Abwasser in Singapur hergestellten Newater als Nutzwasser bei weitem höher denn als Trinkwasser.

Dennoch ist Newater gleichwohl das Paradebeispiel für die fortschrittliche und innovative Wasserwirtschaft Singapurs, die der kleine Inselstaat auf dem am Sonntag gestarteten World Cities Summit (WCS) präsentiert. 15 000 interdisziplinäre Stadtplanungsexperten aus aller Welt nehmen an dem Weltstädtegipfel in Singapur im opulenten Marina Bay Sands teil; wegen seiner Komponenten aus Hotel, Shopping Mall, Kasino, und Konferenzzentrum auch »Integriertes Resort« genannt.

Integriert in den WCS sind die Umweltkonferenz CleanEnviró Summit, die Abfallkonferenz WasteMET und der Weltwassergipfel. Allen gemeinsam ist die Suche nach Lösungen der wachsenden Probleme der urbanen Zentren von Energieversorgung über Verkehrsinfrastruktur bis hin zur Abfallwirtschaft. »Die Konferenzen konzentrieren sich auf technische Lösungen«, sagt Maurice Neo, Manager des WCS. Das zeigt sich auch an der Teilnehmerstruktur, die sich aus Unternehmern, Politikern, Bürgermeistern, Experten der Vereinten Nationen und Wissenschaftlern zusammensetzt - zivilgesellschaftliche Gruppen oder internationale Umweltorganisationen dagegen fehlen.

Aber ohne Technologie und gigantische Investitionen durch Staaten und noch mehr der Wirtschaft ist die rasante Urbanisierung eben nicht zu managen: Im Jahr 1900 lebten 13 Prozent der Menschheit in Städten. Inzwischen ist es die Hälfte, 2030 werden es bereits 60 Prozent sein. Städte bedecken weniger als ein Prozent der Erdoberfläche, benötigen aber 75 Prozent der weltweit verbrauchten Energie und sind für drei Viertel der klimaschädlichen Treibhausgase verantwortlich.

Und täglich wächst die Zahl der Stadtbewohner um 200 000 Menschen - der »Hotspot« der Urbanisierung ist Asien. »Städte werden zum Hauptmotor des nachhaltigen weltweiten Wachstums«, sagt Khoo Teng Chye. Der Exekutivdirektor des Zentrums für lebbare Städte in Singapur fügt aber warnend hinzu: »Mit der bisher nicht gekannten Schnelligkeit der Urbanisierung wird es immer dringender, kreative Lösungen für lebbare und nachhaltige Städte zu finden.«

Ein Problem unter vielen ist der Müll. Der von den Stadtbewohnern weltweit produzierte Abfall wird nach einer Prognose der Weltbank bis 2025 von jetzt 1,3 Milliarden Tonnen pro Jahr auf 2,2 Milliarden Tonnen anwachsen. Problematisch bleibt auch die Wasserversorgung, von der ein Fünftel der Weltbevölkerung so gut wie ausgeschlossen ist. Bis 2025, so die Vereinten Nationen, wird Wasserknappheit ein Problem für die Hälfte der Weltbevölkerung sein.

Das reiche, an natürlichen Ressourcen aber bitterarme Singapur hat bei der Wasserversorgung wie auch beim Umgang mit dem Müll Pioniertaten vollbracht, die es Dank seiner Universitäten, seiner Forschungseinrichtungen und einer fokussierten Politik zu Exportgütern weiterentwickelt. Zugute kommt der Republik dabei ihre strategisch günstige Lage zwischen Indien, China und Aus- tralien. Ng Lang, Chef von Singapurs städtischer Planungsbehörde Urban Redevelopment Authority, sagt: »Als kleine, kompakte Stadt kann Singapur ein lebendes Laboratorium sein, in dem Unternehmen urbane Lösungen entwickeln, ausprobieren und demonstrieren können.«

Das empfiehlt Singapur auch als Standort und Ausrichter des WCS als Forum für »holistische Ansätze« für die »smarte Stadt« der Zukunft. Darauf kann man dann doch mit einem Gläschen Newater anstoßen.

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