Deutschland auf der Öko-Bremse

Studie: Hierzulande ist man von hohen Steuern auf Spritfresser meilenweit entfernt

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Studie belegt: In keinem anderen EU-Land werden extrem klimaschädliche Pkw steuerlich so stark gefördert wie in der Bundesrepublik. Die Umwelthilfe fordert eine umfassende Abgabenreform.

Allen Lippenbekenntnissen der Regierung zum Trotz: In einem Kernbereich der Umwelt- und Klimapolitik gehört Deutschland zu den EU-Schlusslichtern. Kein anderer Staat verzichtet so konsequent auf die Förderung energieeffizienter Pkw und subventioniert gleichzeitig den Kauf umwelt- und klimaschädlicher Pkw mit Milliarden. Das ist das Fazit einer Studie der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Untersucht wurde die steuerliche Be- bzw. Entlastung unterschiedlicher Pkw-Klassen in verschiedenen Ländern. Die Unterschiede sind erheblich: Während hierzulande bei der Zulassung eines Autos unabhängig vom CO2-Ausstoß eine Gebühr von 30 Euro erhoben wird, gibt es in Frankreich bei einem abgasarmen Toyota Prius eine Gutschrift von 1863 Euro, während für einen Audi A8 eine Steuer von 4686 Euro entrichtet werden muss. In Irland und Dänemark werden für die spritfressende Edellimousine sogar 50 227 bzw. 249 884 Euro fällig! Ähnliche Unterschiede gibt es bei der Berechnung der Kfz-Steuern und der steuerlichen Absetzbarkeit von Dienstwagen. Während in Deutschland der Kaufpreis eines Audi A8 in Höhe von 138 300 Euro über sechs Jahre zu 100 Prozent abzugsfähig ist, beträgt die Steuervergünstigung für Modelle dieser Klasse in Frankreich nur 9000 Euro. Noch konsequenter ist Irland, wo Pkw mit einem CO2-Ausstoß von über 190 Gramm pro Kilometer (g/km) überhaupt nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden. Besagter Audi A8 kommt auf 277 Gramm

Laut DUH zeitigt diese Politik Wirkung: Aus den Zulassungsstatistiken der Länder mit ökologischer Kfz-Abgabengestaltung gehe eindeutig hervor, dass besonders im gewerblichen Bereich zunehmend auf energieeffiziente Modelle gesetzt werde, um die hohen Belastungen zu vermeiden, so Resch. Laut einer vom europäischen Fachverband Transport & Environment für 2010 ermittelten Übersicht belegt Deutschland hinsichtlich des CO2-Ausstoßes der Neuzulassungen im Kreis der 27 EU-Staaten einen der letzten Plätze. Angeführt wird die Liste von Dänemark und Portugal mit einem Durchschnitts-CO2-Wert von 127 g/km. In Deutschland sind es dagegen 151 g/km.

Für Resch sind die Zahlen Grund für eine ernüchternde Bilanz. Da »die Autoindustrie in Deutschland durchregiert« befinde sich das Land auf einer »energie- und umweltpolitischen Geisterfahrt«. Alle positiven Ansätze für eine Klimawende würden »durch steuerliche Fehlanreize »aktiv torpediert«.

Die Umwelthilfe fordert daher eine radikale Reform der deutschen Pkw-Besteuerung und stellte die wichtigsten Elemente ihres Konzepts am Mittwoch vor. Bei der Erstzulassung sollten künftig verbrauchsarme Fahrzeuge einmalig mit einem Bonus von bis zu 2000 Euro gefördert und extreme Spritschlucker mit bis zu 10 000 Euro belastet werden. Für Dienstwagen strebt die Organisation eine Obergrenze für die Absetzbarkeit des Anschaffungspreises von 40 000 Euro an. Zudem sollen Fahrzeuge auch nur dann bis zu dieser Obergrenze steuerlich geltend gemacht werden können, wenn das Fahrzeug weniger als 120 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt. Bis 140 Gramm sänke die Abschreibung auf 66 Prozent, bis 160 Gramm auf 33 Prozent. Bei mehr als 160 Gramm CO2/km sollten Dienstwagen überhaupt nicht mehr absetzbar sein, verlangt die Umweltorganisation.

Foto: obs/Bentley Motors Ltd.

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