Im Extrabeutel in die graue Tonne

Gebrauchte oder abgelaufene Arzneien sind gefährlich und sollten vor Kindern gesichert werden

  • Lesedauer: 2 Min.
Altarzneimittel richtig zu entsorgen, ist nach Meinung der Spezialisten der Fachzeitschrift »Gute Pillen - schlechte Pillen« eine echte Herausforderung. Apotheken sind nicht verpflichtet, abgelaufene oder gebrauchte Arzneimittel zurückzunehmen. Wohin also damit?

Kürzlich berichtete die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA, wie gefährlich gebrauchte Schmerzmittelpflaster mit dem Wirkstoff Fentanyl sind. In den vergangenen 15 Jahren hat die Behörde 26 versehentliche Vergiftungen bei Kindern erfasst. Zehn Kinder starben. Das ist nur die Spitze des Eisbergs, meinen die Arzneimittelexperten der kritischen Zeitschrift »Gute Pillen - Schlechte Pillen«. Um nicht andere Menschen und die Umwelt zu gefährden und weil es kaum sinnvolle Ratschläge zur Entsorgung in Beipackzetteln und sonstigen Herstellerinformationen gibt, hat die Verbraucherzeitschrift Hersteller und Behörden gefragt. Die Antwortbereitschaft fiel unterschiedlich aus: Der Generikaanbieter ratiopharm reagierte gar nicht, der weltgrößte Konzern Pfizer verwies auf nationale Behörden. Die Firma Janssen erläutert immerhin die Möglichkeiten der Entsorgung und verlinkt zu den zuständigen Stellen.

Doch die haben unterschiedliche Prioritäten. So empfiehlt das Umweltbundesamt (UBA), nicht mehr gebrauchte Arzneimittel bei den Schadstoffsammelstellen abzugeben. Gute Idee für den Umweltschutz. Arzneimittelexperten bezweifeln allerdings, dass dies im Sinne des Kinderschutzes sinnvoll ist. Da Medikamentenreste nur von Zeit zu Zeit zur Sammelstelle gebracht werden, bleiben sie lange in der Wohnung liegen und gefährden Kinder. Dies gilt auch und sogar besonders für gebrauchte Schmerzmittelpflaster. Kaum jemand weiß nämlich, dass Pflaster mit stark wirkenden Schmerzmitteln wie Fentanyl noch die Hälfte der ursprünglich enthaltenen Wirkstoffmenge enthalten, wenn sie nach dreitägigem Gebrauch gegen ein neues ausgetauscht werden.

Die Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte erscheint praktikabel: Die Pflaster sollen mit den Klebeflächen aneinander geklebt, unter den Hausmüll gemischt und im verknoteten Müllbeutel am besten direkt in die graue Mülltonne gebracht werden. Dies gilt gleichermaßen für andere Medikamente: Tabletten und Dragees sollen dabei aus den Blistern herausgedrückt und Flüssigkeiten ebenfalls in den Müllbeutel entleert werden, bevor dieser zugebunden in die Hausmülltonne kommt. Zwar wird ein Teil des Restmülls mechanisch-biologisch entsorgt. Er dürfte aber zumindest für Kinder keine Gefahr mehr bedeuten.

Auf keinen Fall dürfen Arzneimittel über die Toilette entsorgt werden. Wer gewässerschädigende Substanzen ins Klo wirft, begeht eine Ordnungswidrigkeit.

Gute Pillen - Schlechte Pillen, Heft 3/2012, www.gutepillen-schlechtepillen.de

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal