Mais als Klimagewinner

Wetterdienst und Bauernverband halten Anpassung für machbar

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 3 Min.
Trockenes Frühlingswetter, feuchte Frühsommer, Winter ohne Schnee - die Landwirtschaft muss auch bei uns mit dem Klimawandel zurechtkommen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Deutsche Wetterdienst (DWD) stellten am Mittwoch in Berlin Anpassungswege vor.

»Steigende Temperaturen und ein Wandel der Niederschlagsverteilungen im Jahresverlauf bergen Chancen auf höhere Erträge. Das setzt jedoch voraus, dass die Landwirte hohe Summen in Bewässerungssysteme und Drainagen investieren.« So skizzierte DBV-Vizepräsident Werner Schwarz vor Journalisten seine Schlussfolgerung aus den von Paul Becker, Vizepräsident des Deutschen Wetterdienstes, vorgetragenen Daten zu den Klimatrends.

Neue Auswertungen des DWD zeigen, dass in Deutschland für den zur Aussaat wichtigen Monat April die Bodentemperatur von 1962 bis 2012 im Mittel um fünf Grad auf heute 16 Grad Celsius zugenommen hat. Das komme daher, dass der Boden zu dieser Zeit trockener als früher ist und sich deshalb schneller erwärmt. »Wir rechnen damit, dass sich dieser Trend bis 2100 fortsetzt«, berichtet Becker. Damit beginne das Pflanzenwachstum im Mittel etwa sieben Tage früher als vor 50 Jahren. Im Jahr 2100 könnten es im Vergleich mit den 1960er Jahren sogar drei Wochen Vorsprung werden. Damit werde es lukrativer, wärmeliebende Pflanzen wie Mais oder Hirse anzubauen. DBV-Vizepräsident Schwarz erwartet bei Mais und Zuckerrüben bei guter Wasserversorgung in den Sommermonaten bessere Erträge.

Da laut DWD zugleich das Risiko von Spätfrösten sinke, könne man verstärkt Zweitkulturen anbauen. Das könnten dann Energie- oder Futterpflanzen sein, die erst im Oktober geerntet werden, meint Becker. Die Vorteile bei den Temperaturen werden allerdings durch eine ungünstigere Verteilung der Niederschläge teilweise wieder zunichtegemacht. In Zukunft wird der Bedarf an effizienten Bewässerungsverfahren steigen. Überdies seien wegen der erwarteten Zunahme der Niederschläge im Herbst und Winter Drainagesysteme nötig.

DBV-Vize Schwarz schätzt, dass die Kosten für entsprechende Bewässerungssysteme leicht den Wert des bearbeiteten Bodens erreichen könnten. Er sieht zudem eine Häufung von Extremwetterereignissen wie Hagel oder Starkregen. Zudem zeigten die Frostschäden auf schneefreien Feldern - ca. 500 000 Hektar Wintergetreide mussten im letzten Winter untergepflügt werden -, dass trotz Erwärmung frostresistentere Sorten gezüchtet werden müssten. Schwarz verwies auch auf negative Folgen der Erwärmung: »Unsere Nutztiere erleiden plötzlich Tierkrankheiten, die wir früher nur aus südeuropäischen Regionen kannten. Dazu gehören die Blauzungenkrankheit und das Schmallenbergvirus.« Auch das Risiko von Pilzerkrankungen bei Nutzpflanzen steigt. Sowohl bei Pilzresistenz als auch bei der Wasserverwertung erwartet Schwarz wesentliche Beiträge der Pflanzenzüchter. Eine Notwendigkeit für gentechnische Züchtungsverfahren sieht er gleichwohl nicht. Diese Eigenschaften seien mit konventionellen Methoden genauso gut erreichbar, meint der DBV-Vizepräsident.

Schwarz forderte auch den flächendeckenden Erhalt der Sortenversuche in den Bundesländern, die vielerorts aus finanziellen Gründen gefährdet seien. Er kritisierte, dass die zunehmend wichtige Mehrgefahrenversicherung für Landwirte mit einem viel höheren Satz besteuert werde als die derzeit viel genutzte Hagelversicherung.

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