Versuchter Etikettenschwindel

Plan für Klinikverbund in Hessen vorgestellt

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 3 Min.
Unter Hinweis auf leere Kassen bei den kommunalen Krankenhäusern in Hessen schlägt Sozialminister Stefan Grüttner einen festen Klinikverbund vor. Doch Kritiker warnen.

Mit einem Konzernverbund will der hessische Sozialminister Stefan Grüttner (CDU) die an Finanznot leidenden kommunalen Krankenhäuser im Lande unter einem Dach zusammenfassen. Dies ist das Ergebnis eines unter Grüttners Leitung erstellten »Konzepts für den Erhalt öffentlicher Klinikträgerschaften in Hessen«. Er sehe »mit Sorge, dass die kommunalen Kliniken zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten geraten« und wolle »die Trägervielfalt so weit wie möglich erhalten«, beteuerte der CDU-Mann bei der Vorstellung des Verbundkonzepts in Wiesbaden. Und: »Privatisierung ist kein Allheilmittel.«

Kommunen ohne Einfluss

Weil die 43 hessischen Kliniken in öffentlicher Trägerschaft zunehmend in eine wirtschaftliche Schieflage gerieten, sei eine Kooperation zwingend geboten, so der Minister. Grüttner schwebt als Grundmodell die Bildung einer öffentlich-rechtlichen »Stiftung hessischer Krankenhäuser« vor.

Parallel dazu soll ein Zweckverband geschaffen werden, der die Verpflichtung der Kommunen zum Betreiben von Krankenhäusern komplett übernimmt. Für das Steuern des operativen Geschäfts der Verbund-Kliniken ist eine Holding vorgesehen, an der Zweckverband und Stiftung Anteile halten. Große »Einsparpotenziale«, so Grüttner, bestünden in Verwaltung, Wartung und technischer Unterstützung. Private Klinikkonzerne hätten solche »Synergieeffekte« bereits erzielt. Der Verbund soll bis Januar 2014 stehen.

Der CDU-Minister möchte die Kommunen zur Mitwirkung am Verbund mit der Zusage locken, dass die Holding einen Teil der bestehenden Schulden eines beitretenden Krankenhauses übernimmt. Damit erhofft er sich die Gunst der beteiligten Entscheidungsträger. Die versprochene Teilschuldenübernahme hat indes ihren Preis. Eine von »Partikularinteressen« gesteuerte und »zu unmittelbare politische Einflussnahme auf die kommunalen Krankenhäuser« werde man verhindern, kündigte Grüttner an. Somit droht einzelnen Abteilungen die komplette Schließung.

»Die Management-Holding muss wirtschaftliche Handlungsfreiheit erhalten«, betonte auch Grüttners Berater Tobias Kaltenbach. Damit ist klar, dass die Kommunen zwar ihre Klinik an einen Verbund mit dem Etikett »kommunal« übertragen sollen, aber keinen Einfluss mehr auf die operativen Geschäfte hätten. »Die Rechtsform einer GmbH bietet Schutz vor politischem Einfluss«, unterstrich bei der Konzeptpräsentation auch ein weiterer Berater Grüttners, der Rechtsanwalt Thomas Köhler. Der Jurist vertritt die auf Krankenhausprivatisierung spezialisierte Anwaltskanzlei Luther.

»Die Holding wird in der Lage sein, eigene Mittel zu erwirtschaften«, bekräftigte Kaltenbach. Beobachter argwöhnen, dass er damit als Einnahmequelle auch auf eine Teilprivatisierung lukrativer Klinikbereiche spekuliert.

Ausdünnung absehbar

CDU, SPD und Grüne signalisierten Zustimmung zu Grüttners Konzept. Eine frühzeitigere Verbundlösung wäre »die richtige Alternative« zur Privatisierung der Unikliniken Gießen-Marburg gewesen, meinte SPD-Mann Thomas Spies.

Kritischer hingegen die Linksfraktion: Das Konzept laufe auf Kliniken hinaus, »die unter dem Etikett der öffentlichen Trägerschaft reale Kostensenkungen durchziehen würden wie privatisierte Kliniken«, heißt es in einer Erklärung. Damit seien eine Ausdünnung des Pflegepersonals, schlechtere Bezahlung, Outsourcing, ein eingeschränktes Behandlungsspektrum und weniger Ausbildung programmiert. Die Alternative für die kommunalen Kliniken liege jedoch in einer besseren Investitionsfinanzierung durch das Land und einer solidarischen Bürgerversicherung auf Bundesebene.

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