Keine einseitige Vertragsänderung zulässig

  • Dr. jur. Heinz Kuschel
  • Lesedauer: 2 Min.
1997 wurde in den Treppenhäusern eine großflächige Verglasung mit Brüstungssicherung eingebaut. Seither reinigen die Mieter auch diese Glasflächen, denn bis August 2002 hat sich der Vermieter darum nicht gekümmert. Nun soll eine Fremdfirma die Reinigung übernehmen und wir Mieter sollen laut einer einseitigen Umlageerklärung die Kosten dafür tragen. Die Genossenschaft beruft sich dabei auf §556 Abs. 1 BGB und auf die Anlage 3 der Zweiten Berechnungsverordnung (offizielle Liste der umlegbaren Betriebskosten). Alle Widersprüche werden abgewiesen. Es wurde lediglich zitiert, was entsprechend der Hausordnung zur Hausreinigung gehört. Weil es seinerzeit aber diese Glasflächen noch nicht gab, ist deren Reinigung auch nicht mit angeführt. Die Betriebskostenposition »Hausreinigung« war auch nie Bestandteil der Kosten, die wir Mieter zu tragen haben. Wie ist die Rechtslage? Helga U.,Erfurt
Vermieter haben keine rechtliche Handhabe, bisher nicht vereinbarte oder neue Betriebskosten mittels einseitiger Erklärung auf die Miete umzulegen. Da nutzt ein Berufen auf die im Leserbrief angeführten Vorschriften nichts. Es bedarf einer gegenseitigen Vereinbarung mit jedem Mieter, wenn er für neue Tätigkeiten und neue Betriebskosten zahlen soll. Die Notwendigkeit einer Vereinbarung ergibt sich sogar eindeutig und unverkennbar aus genau dem Paragrafen, den der Vermieter zitiert hat. Dieser hat nämlich im Gesetzestext die Überschrift »Vereinbarungen über Betriebskosten«. Offenkundig gibt es in den Mietverträgen des Hauses auch keine Klausel die den Vermieter ermächtigt, bei neu hinzukommenden Betriebskosten eine einseitig erklärte Umlage vorzunehmen. Hinzu kommt bei diesem Sachverhalt, dass die »Hausreinigung« offensichtlich Gegenstand der früher abgeschlossenen Mietverträge ist. Die in der Hausordnung enthaltene Aufzählung, was alles zur Hausreinigung gehört, darf nicht so aufgefasst werden, als ob das Reinigen der früher nicht vorhandenen Glasflächen nicht mit zur Hausreinigungspflicht der Mieter gehört. Wenn ein Vermieter über längere Zeit ohne gegensätzliche Erklärung die Reinigung dieser Glasflächen durch die Mieter hinnimmt, dann ist diese Mietertätigkeit Bestandteil der Mietverträge und der Hausordnung geworden. Aus einer vertraglich vereinbarten oder gewachsenen Nebenpflicht der Mieter, wie die Hausreinigung, darf keine Zahlungspflicht gemacht werden! Das wäre unzulässiger Bruch von Mietverträgen. Vermieter können sich auch nicht auf Wünsche von solchen Mietern berufen, die nicht mehr reinigen wollen. Wir wiederholen: Veränderungen müssen mit jedem Mieter einzeln getroffen werden! Kein Mieter kann gezwungen werden, der Wegnahme der Hausreinigung oder eines Teils davon zuzustimmen. Es gibt dabei nur eine Ausnahme: Wenn die übergroße Mehrheit der Mieter eines Aufgangs einer Veränderung zugestimmt hat und sich nur wenige Mieter sträuben und dadurch die regelmäßige Hausreinigung erheblich behindert wird, dann können sie zur Zustimmung verklagt werden. Mieter ihrerseits können die Übernahme nicht vereinbarter Betriebskosten ablehnen und notfalls auf Feststellung klagen, dass der Vermieter nicht berechtigt ist, Hausreinigungstätigkeiten wegzunehmen und Kosten für Fremdleistungen auf sie umzulegen.
Siehe auch AG Magdeburg,Urteil vom 14. August 2002, (Klage eines Vermieters abgewiesen), (Az. 12C66/02. Veröff. in »Wohnungswirtschaft & Mietrecht« 10/02/576; ähnlich auch AG Frankfurt/Oder, Az., 22C1295/96, veröff. in WM 1997, S. 432.
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