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USA-Visum bleibt Glücks- und Geldsache
Kritik an ungleichen Einreisebestimmungen wächst
Pikant an der Angelegenheit ist nicht zuletzt, dass sich der polnische Kongresspräsident just in die USA begeben hatte, um im dortigen Kongress die Möglichkeiten einer besseren Behandlung von Polen bei der Einreise in die Vereinigten Staaten auszuloten. Wieder zu Hause verharmloste er den »unwichtigen Zwischenfall«: Wenn sogar er derart behandelt wurde, zeuge dies von der Gleichbehandlung durch die USA-Behörden und wie ernst diese die Sicherheitsanforderungen nähmen.
40 Prozent polnischer Visa-Anträge abgelehnt
Das sehen immer mehr Polen anders. Seit 1991 dürfen USA-Bürger ohne Visum in das osteuropäische Land einreisen und dort beliebig lang verweilen, während die USA-Restriktionen gegenüber einreisewilligen Polen immer schärfer werden. Kürzlich wurde gar einer kompletten Sport-Mannschaft die Einreise verweigert. Dem Team für die Senioren-Weltmeisterschaften im Gewichtheben stellte das USA-Konsulat keine Visa aus - ohne Begründung. In den USA leben rund zehn Millionen Menschen polnischer Herkunft.
Für bis zu 40 Prozent polnischer Visa-Anträge für die USA, seit 2001 rund 150000 pro Jahr, ist eine solche Ablehnung die Norm. Schlimmer noch: Bereits auf dem New-Yorker Flughafen mit einem gültigen Visum im gültigen Pass gelandet, werden dennoch Tausende abgewiesen. Hunderte davon werden sogar an Händen und Füssen gefesselt und bis zum Rückflug in Zellen gehalten.
Nun hat das Warschauer Konsulat der USA die Hürden für die Visaerteilung erneut erhöht. Ohne telefonisch vereinbarten Termin läuft längst nichts mehr. Außerdem müssen die Antragsteller 400Zloty, das sind mehr als 100 US-Dollar, überweisen. Wird das Visum nicht erteilt, besteht kein Anspruch auf Rückerstattung. Von den 260000 USA-Bürger, die 2002 nach Polen einreisten, brauchte keiner auch nur einen Cent bezahlen. Das widerspricht dem Gegenseitigkeitsprinzip, das 1991 zwischen Polen und den USA vereinbart wurde und - hochgerechnet - 26 Millionen US-Dollar in polnische Kassen spülen hätte sollen.
Keine Gegenleistung für Irak-Kriegs-Verbündete
Zum Thema wurde die polnisch-amerikanische Visa-Verstimmung nicht zuletzt durch die in der Öffentlichkeit erhobene These, Polen sei durch seine Unterstützung der USA gegen Saddam Hussein und bei der »Stabilisierung« des Iraks der »treueste USA-Verbündete in Europa«. Doch die Vizekonsulin der USA, Maria Rudensky-Silver, ließ Hoffnungen auf eine »Gegenleistung« für treue Partnerschaft wenig Raum: »Die Visumerteilung hat nichts, aber auch gar nichts, mit dem gegen den Terrorismus geführten Krieg, mit dem Irakkonflikt und mit der polnischen Unterstützung, für die wir sehr dankbar sind, zu tun.«
Die große Zahl der abgewiesenen Visumanträge hänge indes mit Polens wirtschaftlichem Entwicklungsstand zusammen: »Wenn sich Polen zu einem wirtschaftlich stärkerem Land mit weniger Arbeitslosigkeit entwickelt, wird es leichter sein, über eine Änderung der Visapolitik nachzudenken«, so Rudensky-Silver. Der Publizist Adam Szostkiewicz erklärte daraufhin, dass »wir uns die Träume über eine günstigere Behandlung Polens als NATO-Staat und Verbündete im Irak-Krieg aus dem Kopf schlagen sollten«. Enttäuscht zeigte sich auch der Sprecher des polnischen Außenministeriums, Boguslaw Majewski.
Hoffnungen werden indes auf die EU-Mitgliedschaft gesetzt. Diese, hieß es in einem Wochenblatt, »könne Kraft des Solidaritätsprinzips in der Union eine Änderung der US-Visapolitik für Polen erwirken«. »Polityka« blieb dagegen nüchtern: »Wir werden gegen die Haltung der USA nach dem 11. September nicht viel machen können. Es lohnt sich aber, den Fuß in der Tür zu halten.«
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