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  • Sport
  • Streifzug durch die Geschichte der Olympischen Winterspiele

Vom „Fräulein Hoppla“ zur Millionärin

  • Lesedauer: 3 Min.

Sonja Henie als Elfjährige 1924 in Chamonix Foto: Archiv Kluge

sie ein Auftritt von Anna Pawlowna geworden, die sie 1927 in London in „Schwanensee“ gesehen hatte. Danach nahm Henie Ballett-Lektionen, und um ihre tänzerische Ausdrucksmöglichkeiten zu vervollkommnen, wurde später sogar Fred Astaire engagiert.

Aber auch sonst war sie absolut einmalig: Sie war das Glamourgirl Nummer eins ihrer Zeit, zu dessen Liebhabern der spätere US-Präsident John F Kennedy zählte; und sie wurde von einem an Eitelkeit strotzenden und allein am Profit orientierten Vater gemanagt, der es in seiner Jugend zum Radprofi-Weltmeister (1894) gebracht hatte.

Auf all ihren Reisen wich Wilhelm Henie, ein reicher Pelzhändler aus Oslo, nicht von der Seite seiner Tochter, und schon frühzeitig verstand er es, Sonjas Ruhm in klingende Münze zu verwandeln. Obwohl als Amateur geltend, war ihr Bild auf den Packungen der türkischen Zigarettenmarke „Medina“ zu sehen, was ihr bald einen neuen

Spitznamen einbrachte: „Sonja surplus“ In Oslo waren die Henies die ersten, die ein pri-

vates Auto fuhren, schließen auch die ersten, die ein Flugzeug ihr eigen nannten.

Trotz Shirley Temple und Marlene Dietrich wurde Sonja Henie bald auch unter Hollywoods Aktricen eine der berühmtesten. Zwischen 1937 und 1945 drehte sie nicht weniger als zehn Spielfilme, die im Grunde stets nach dem gleichen Strickmuster gefertigt waren. Sonja zeigte vollendetes Eiskunstlaufen, was in eine mehr oder weniger schmalzige Lovestory eingebettet war. Für damalige Verhältnisse durchaus perfekte Streifen, für die große Komponisten wie Irving Berlin oder Glenn Miller die Musik schrieben. Nahezu alle wurden Kassenschlager, und man schätzt, daß die Hauptdarstellerin daraus etwa 25 Millionen Dollar Gewinn machte.

Sonja Henie hat das Eiskunstlaufen beliebt gemacht weniger in Norwegen als vielmehr in den USA. Das distanzierte Verhältnis, das viele ihrer Landsleute bereits zu ihr hatten, verstärkte sich noch mit Beginn der deutschen Okkupation, als man hörte, daß die nunmehrige US-Bürgerin

Sonja Henie, der Sympathien für Hitler nachgesagt wurden, sich geweigert hatte, norwegische Emigranten finanziell und moralisch zu unterstützen. Selbst nach Kriegsende vermied die Henie deswegen lange, Norwegen zu besuchen. Erst 1953 gastierte sie mit „Holiday on Ice“ in Oslo, wo man ihr allerdings längst verziehen hatte und ihr einen triumphalen Empfang bereitete.

So gesehen war ihre Entscheidung, zusammen mit ihrem dritten Ehemann, dem reichen Reeder Niels Onstad, Norwegen zehn Millionen Dollar für ein Kunstzentrum in Hövik zu stiften, wohl mehr als nur eine Geste. Am Ufer des Oslo-Fjords sind ihre Bilder zu sehen, unter denen sich Werke von Munch, Picasso und Klee und vielen anderen großen Malern befinden.

1969 Sonja Henie starb erst 57jährig an Leukämie, als sie sich im Privatjet auf der Rückreise von Paris nach Oslo befand. An ihrem Grab auf einem Hügel neben dem Henie-Onstad-Kunstzentrum wird der olympische Fackellauf in wenigen Tagen auf dem Weg nach Lillehammer eine kleine Pause einlegen.

VOLKER KLUGE

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