Der neue Kampf nicht mehr im Ring
Der HlV-infizierte Schwergewichtler Tommy Morrison gibt nicht auf Vnn KATTA DAVIS. USA
Vor einer Woche war ein Profiboxkampf in Las Vegas geplant. Plötzliche Absage. Der im Bundesstaat Nevada obligatorische medizinische Test hatte für einen Boxer ein unerwartetes Ergebnis gebracht: HIV-positiv Schwergewichtler Tommy Morrison vermutete einen Fehler und forderte einen Test in einem anderen Labor. Am Donnerstag letzter Woche kam die Bestätigung für das Unglaubliche. Bereits 45 Minuten später hielt Morrison ei- * ne Pressekonferenz ab. Nicht einem mysteriösen anderen Boxer gab er die Schuld an einer eventuellen Übertragung in dem nicht gerade unblutigen Sport, sondern ausschließlich sich selbst, seinem Lebensstil und seiner Ignoranz.
Obgleich der Basketball-Spieler Magic Johnson vor vier Jahren der Öffentlichkeit mitgeteilt hatte, daß er HIV-positiv sei und die Infektion weder durch Drogen noch durch Homosexualität oder eine Blutübertragung erfolgt wäre, hörte der aufsteigende Box-Star nicht hin. Er hatte weiterhin Sex mit unzähligen weiblichen Fans und meinte, unschlagbar zu sein - im Ring und in der Gesundheit. Daß ein heterosexuelles Idealbild der Männlichkeit genauso von AIDS bedroht sein könne wie Junkies oder Schwule, glaubte er nicht. Ein schlechtes Vorbild sei er für die Jugendlichen, meinte Morrison in einem Fernseh-Gespräch mit Larry King auf CNN. Doch er wolle sein künftiges Leben für öffentliche Aufklärung nutzen.
Seinen letzten Kampf hatte Morrison am 7 Oktober 1995 in Atlanta City gegen den Olympiasieger von 1988, Ex-Weltmeister Lennox Lewis aus Großbritannien, bestritten. Lewis gewann in der 7 Runde durch technischen K.o., nachdem Morrison von mehreren blutenden Verletzungen im Gesicht gezeichnet war. Sein letzter HIV-Test stammte aus dem Jahr 1993 vor dem Kampf ge-
gen Foreman. US-Promoter Bob Arum: „Um Lennox habe ich wirklich Angst.“
In Großbritannien sind im Profiboxen HIV-Tests seit langem vorgeschrieben. Der Bund Deutscher Berufsboxer hat sich dem angeschlossen. Seit einiger Zeit schreibt auch die Europäische Box-Union Kontrollen vor In den USA gibt es nicht in allen Staaten obligatorische Tests für Profiboxer
Der aus einem kleinen Ort von 2000 Einwohnern stammende 27jährige besitzt eine Farm im Bundesstaat Oklahoma, auf der er mit seiner Freundin lebt. Der Gewinner im Kampf des Jahres 1993 gegen George Foreman sollte in diesem Jahr den Multi-Millionen-Dollar-Kampf gegen Mike Tyson führen. Das ist nun nicht mehr möglich, da mit dem AIDS-Virus Infizierte vom Boxen gesperrt sind. Morrison hatte in dem Film „Rocky V“ eine Rolle als Boxer gespielt, und so bot Hollywood ihm sofort, eine Filmkarriere an.
Der sich kerngesund fühlende beliebte Sportler hat jetzt einen hohen Marktwert. Doch er sprach lieber mit Magic Johnson. Nicht nur über persönliche Erfahrungen, sondern auch über zukünftige AIDS-Aufklärungskampagnen. Der Basketballer ist inzwischen wieder in den aktiven Sport und in seine Mannschaft zurückgekehrt. Die Spieler der Basketball-Verbände sehen keine gesundheitliche Gefährdung durch seine Rückkehr auf das Feld.
Morrison dagegen wird zwar nicht mehr kämpfen, sieht aber in Magic Johnson sein Vorbild. Beide sind sicher, den Kampf gegen AIDS zu gewinnen. Der Boxer bat die Menschen, nicht für ihn zu beten, sondern für die wahren Opfer dieser Krankheit: die HIV-positiven Kinder der Welt. Er habe eine Chance gehabt, die Kinder nicht. Helfen müsse man, Ignoranz und Unwissen über AIDS zu beseitigen.
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