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Unsorgfaltige Eile wäre nicht strafbar

  • HANS-D. VATER
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach 89 Verhandlungen vor der Wirtschaftsstrafkammer des Halleschen Landgerichts gegen den wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Erpressung angeklagten einstigen Treuhandberater Dr Norbert Höss fiel endlich das Urteil: fünfeinhalb Jahre Haft. Damit ging das Gericht über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus. Diese hatte für den Mann, der 13 Millionen DM Treuhandgelder in den Sand gesetzt hatte, ein ganzes Jahr weniger beantragt.

Höss, unter dessen Namen in Berlin noch eine private „Treuhand GmbH“ existieren soll und dem die Verteidigung wegen „paranoider Elemente“ Schuldunfähigkeit zusprechen wollte, geht nun in die Revision. Das Spiel läuft weiter, der Nebel des Treuhandbetrugs begrenzt die Sichtweite von Jahr zu Jahr mehr, der Durchblick fällt den Ermittlern immer schwerer.

Der zuständige Oberstaatsanwalt Bittmann versicherte immerhin, daß man im Anschluß an die Urteilsbegründung gegen Dr Höss intensiv prüfe, „inwieweit dabei eine strafrechtlich relevante Mitverantwortung von Mitarbeitern der Treuhandanstalt in Betracht kommt“ Fast entschuldigend fügt er allerdings hinzu, „daß angesichts der Dynamik und der Vielzahl der Fälle man in der Treuhand doch zusehen mußte, wie die Sache zügig vom Tisch kommt. Es mag immer noch so sein, daß das nicht mehr sorgfältig geschah, aber das allein

wäre noch nicht das, was für sich gesehen - strafbar wäre.“

Der Höss-Prozeß war das erste und das bisher einzige Verfahren gegen einen Treuhandkriminellen vor einem halleschen Gericht, obwohl die mitteldeutsche Region im südlichen Sachsen-Anhalt das Eldorado für Bauernfänger und Falschmünzer im Privatisierungsgeschäft der Treuhand war. Deshalb sollen noch etliche Verfahren gegen Verantwortliche der Niederlassung Halle am Laufen sein. Ob auch gegen die ehemaligen Niederlassungsdirektoren Dickerhoff und Klamroth ermittelt wird? Das sei durchaus denkbar, aber jetzt noch nicht zu sagen, lautet die Antwort.

Dabei gibt es nach Insiderkenntnissen zwar lange zurückliegende, aber bedenkliche Vorgänge, die sich unter Mitwirkung der Treuhand allein in der Stadt Halle abspielten - zum Beispiel der Verkauf von Grund und Boden sowie der Immobilien der Karosseriewerke durch den Stuttgarter Rechtsanwalt Deffner. Weil die als Käufer auftretende Süd-Plan-Immobiliengesellschaft den Erhalt von 700 und die Schaffung von fast 1 300 Arbeitsplätzen bis 1996 vertraglich zusicherte, verzichtete die Treuhand auf einen zweistelligen Millionenbetrag. Dafür aber entstanden Bürohäuser auf den Grundstücken der Karosseriewerke, in denen heute auch die hallesche Staatsanwaltschaft arbeitet. Statt wegen Vertragsbruchs zu ermitteln, so ein hallescher Stadtrat, werde nun Miete gezahlt.

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