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  • Geberkonferenz nach der Flutkatastrophe

Das 500-Millionen-Euro-Versprechen

Nach der Ankündigung des Kanzlers darf Finanzminister Hans Eichel nun die Mittel eintreiben

500 Millionen Euro hat die Bundesregierung den von der Flut verwüsteten Regionen in Südasien zugesichert. Woher kommt das Geld?
Die Bundesregierung hatte ihre Hilfszusagen für Katastrophengebiete in Südasien noch gar nicht konkretisiert, da versuchte die Union schon, politisch zu punkten. Der CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann kritisierte am Dienstag die Aufstockung der deutschen Fluthilfe als »Hochstapelei ohne Schadensbilanz«. 500 Millionen Euro Hilfe wären 500 Millionen zusätzliche Kreditaufnahme. Andere rufen nach Einsparungen in allen Ressorts des Schröder-Kabinetts. Und auch die Forderung nach Abbau von Steinkohlesubventionen wurde wieder aufgewärmt. Angesichts des millionenfachen Leids in Südasien und der großen Spendenbereitschaft der Bundesbürger wirken solche Debatten kleinmütig bis geschmacklos. Vermutlich um einen solchen Eindruck zu vermeiden, hielt sich Finanzminister Hans Eichel mit öffentlichen Äußerungen in den letzten Tagen zurück. Auch gestern war das Ministerium gegenüber ND nicht zu einer Stellungnahme bereit. Tatsächlich muss sich die Bundesregierung aber Gedanken machen, wie sie die Zusagen im Haushalt abzudecken gedenkt. Für die ersten Hilfen standen spezielle Töpfe für Sofortmaßnahmen nach Katastrophen bereit, über die mehrere Ministerien verfügen. Deren Gesamtumfang beträgt allerdings nur etwa 10 Millionen Euro für das ganze Jahr. Um diese Töpfe nicht schon im Januar zu leeren, wurden rasch zusätzliche Mittel versprochen. Nach der gestrigen Aufstockung geht es - über mehrere Jahre - sogar um 500 Millionen Euro. Dabei gibt es kein kurzfristiges Liquiditätsproblem - aus aufgenommenen Krediten oder Steuereinnahmen steht genug Geld zur Verfügung. Auf mittlere Sicht besteht aber Handlungsbedarf. Bloßes Umschichten von Haushaltsmitteln reiche nicht, »hier gibt es nicht sehr viel Luft«, sagt Dieter Vesper, Finanzexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Eine Erhöhung der Neuverschuldung sei aus Maastricht-Sicht kein Problem, da solche Hilfen bei der Defizit-Ermittlung nicht eingerechnet würden. Das Problem sei die Verfassung - die Neukredite dürfen die Summe der Investitionen nicht überschreiten, doch der Haushalt 2005 ist hier knapp bemessen. Als »vernünftig« bezeichnet Vesper den Vorschlag, vorzeitige Tilgungszahlungen der russischen Schulden für die Südasienhilfe zu verwenden - als zusätzliche Einnahmen sind sie nicht im Haushalt verplant. Einen ganz anderen Weg beschritt übrigens Österreich nach dem Hochwasser von 2002 im eigenen Land: Damals wurden kostspielige Rüstungsanschaffungen ins nächste Jahr verschoben. Während sich Rot-Grün bei der Finanzierung bislang wortkarg gab, breiten einige Kabinettskollegen Eichels seit Tagen aus, welche Maßnahmen eingeleitet bzw. in Planung seien. Bisher wurden 30 humanitäre Einzelprojekte bezuschusst. Der Innenminister schickte Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks, der Verteidigungsminister Flugzeuge zum Rücktransport verletzter Touristen und das Versorgungsschiff »Berlin« mit zwei Operationssälen. Und das Entwicklungshilfeministerium denkt über den Aufbau von Schulen und Gesundheitsversorgung sowie über Hilfen für Fischer in Sri Lanka nach, denen die Flut die Existenzgrundlage zerstört hat. So genau nimmt man es mit den Ankündigungen dabei nicht: Die einen stellen einen Erlass von Schulden in Aussicht, während der Kanzler nur von einem möglichen Moratorium, also einer zeitlichen Streckung, spricht. Was aus den Ankündigungen wird, bleibt auch nach der gestrigen 500-Millionen-Zusage offen. Schon früher gab es nach Katastrophen Zusagen, die später nicht eingehalten wurden. Dies könnte trotz des derzeitigen Medienrummels auch jetzt eintreffen - zumal, wenn die Finanzierung nicht steht.
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