- Politik
- Zum Tod des DEFA-Regisseurs Konrad Petzold
Handwerk mit Sinnenfreude
' onrad Petzold, geboren am 2.6. April j 1930in Radebeuly war bei der DEFA fürs Unterhaltungs- und Genrekino zuständig. Das galt manchen seiner Kollegen als etwas Niederes, Grobes und war doch oft genug ebenso schwer zu machen wie jene Filme, die von vornherein auf Kunst abhoben. Petzold behauptete sich durch handfeste Arbeit: Mit »Weiße Wölfe« (1969), »Tödlicher Irrtum« (1970) oder »Osceola« (1971) bereicherte er die Staffel der Indianerfilme um wesentliche Exemplare. Die Sauf- und Raufgeschichten um die »Hosen des Ritters von Bredow« (1973) inszenierte er mit Lust am derben Ulk und an überschäumender Sinnenfreude. »Kit & Co.« (1974) wurden zum Abenteuerkino, in dem sich die Spuren von Jack London mit denen von Hans Albers kreuzten.
Die Kritik hat es Konrad Petzold schwer gemacht, immer wieder nach solchen »leichten« Stoffen zu greifen. Freundlicher war ihm das »allgemeine« Publikum gesonnen, und die Darsteller, denen er jenseits von Vergeistigung und Verfremdung die Möglichkeit gab, ganz und gar körperlich zu sein, deftig und kräftig. Armin Mueller-Stahl zum Beispiel hat das sehr geschätzt; vor allem, weil er sich ungebremst ausspielen konnte, ließ er sich mehrfach von Petzold verpflichten und ist ihm bis heute dafür dankbar.
Konrad Petzold war 1949 als Schauspielstudent ans DEFA-Nachwuchsstudio gekommen, studierte dann gemeinsam mit Frank Beyer und Ralf Kirsten Regie an der Prager FAMUi Seine Diplomarbeit war der Kinderfilm »Die Fahrt nach Bamsdorf« (1956); ein Ferienabenteuer fürs kleine Publikum. Den jüngsten Zuschauern blieb er, neben den Arbeiten für Erwachsene, auch später treu; und am Besten gelangen ihm seine Kinderfilme, wenn ihre Fabeln mit den Regeln eines Genres korrespondierten: die Krimis »Der Moorhund« (1960) und »Die Jagd nach dem Stiefel« (1962) wurden in der DDR von Generationen gesehen, ebenso die Farce um »Alfons Zitterbacke« (1966). Auch »Das Lied vom Trompeter« (1964), ein pathetisches Heldenepos über den jungen Revolutionär Fritz Weineck, ganz im Stil der Zeit inszeniert, und das Märchen »Die Geschichte von der Gänseprinzessin« (1989) gehören zu Petzolds Schaffen.
Dass es im Gesamtwerk dieses zuverlässigen Handwerkers, in dem eigentlich niemand Überraschungen vermutet, doch das eine oder andere zu entdecken gibt, wird erst jetzt, mit seinem Tod und der davon provozierten gründlicheren Beschäftigung mit seinem Oeuvre, wieder bewusst. Fast dreißig Jahre musste Konrad Petzold auf die Uraufführung des »Kleides« (1961) warten, einer Parabel auf selbstgefällige Regierungen, die sich in ihren eigenen Illusionen baden und die Realität so lange vernachlässigen, bis sie davon eingeholt werden. Der »Märchenfilm
für Erwachsene«, von Egon Günther frei nach Hans Christian Andersen geschrieben, war für die DDR zu frech und zu deutlich, als dass er hätte gezeigt werden dürfen. Ebenfalls-nach einem Szenarium von Egon Günther drehte Petzold 1963 »Jetzt und in der Stunde meines Todes«, über eine westdeutsche Journalistin, die am Eichmann-Prozess teilnimmt, auf die Verfilzung westdeutscher Industrieller mit dem Naziregime stößt und zu Tode kommt. Eine Kolportage, sicherlich, aber voller kleiner Wahrheiten über die viel gepriesene freiheitliche Demokratie, die auf einem Berg aus Verdrängung und Lügen errichtet wurde.
Nachdem die DEFA eingeäschert worden war, hat Konrad Petzold keinen Film mehr machen können. In einem ZDF-Interview bekannte er Anfang der neunziger Jahre, der Sozialismus sei nicht sehr gut zu verdauen gewesen, aber der Kapitalismus werde ihm vermutlich noch mehr Schmerzen bereiten. Er wurde in den Vorruhestand geschickt, war lange krank. Am vergangenen Freitag ist Konrad Petzold in Kleinmachnow gestorben.
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