Der 38. Breitengrad

KOREA - DAS GETEILTE LAND

  • Harald Loch
  • Lesedauer: 2 Min.
Der 38. Breitengrad ist eine der letzten Grenzziehungen, die willkürlich und schnurgerade ein Land in zwei Länder teilte. Im 19. Jahrhundert hatten die europäischen Kolonialmächte Afrika auf diese Weise ohne Rücksicht auf ethnische oder traditionelle Gegebenheiten tranchiert. Und vielleicht gab es 1953 keine andere Möglichkeit, den Korea-Krieg zu beenden, »der drei Millionen Nordkoreanern, einer Million Chinesen, einer halben Million Südkoreanern und etwa 70000 UN-Soldaten (zumeist US-Amerikaner) das Leben kostete«. Diese Zahlen nennen Marion Eggert und Jörg Plassen. Die Kenntnisse der Deutschen über die Halbinsel in Ostasien sind gering. Südkorea, diesjähriges Gastland der Frankfurter Buchmesse, ist jedoch einer der wichtigsten Importeure deutscher Buchlizenzen. Es zählt zu den dynamischsten Ländern Asiens. Nordkorea - abgeschottet und durch Embargos ausgegrenzt - ist eines der ärmsten Länder, aber auch eines der wenigen, das über die technologischen Fähigkeiten für Nuklearwaffen verfügt. Die beiden Professoren für Koreanistik an der Ruhr-Universität Bochum, Eggert und Plassen, vermitteln einen Überblick über die 2000-jährigen intensiven Beziehungen Koreas zu China, über die Jahre japanischer Kolonialherrschaft, und informieren, wie es zur Teilung Koreas ähnlich Deutschlands kam. In beiden Staaten entstanden Militärregimes - das im Süden wurde von den USA unterstützt, die hier bis heute eine starke Militärpräsenz ausüben. Wenn heute Südkorea als eine nach westlichen Maßstäben gut funktionierende Demokratie angesehen wird, will man wissen, wie es dazu kam. Darüber informiert Thomas Kern, wissenschaftlicher Referent am Hamburger Institut für Asienkunde. Er untersuchte das Wechselverhältnis zwischen wirtschaftlicher Modernisierung, politischem Protest und kultureller Entwicklung. Die Quintessenz seiner Studie: Die wesentlichsten Impulse zur Demokratisierung in Südkorea gingen vom Bereich der Kulturproduktion aus. Seit einigen Jahren gibt es zaghafte Bemühungen um eine Annäherung und spätere Vereinigung. Unter welchen Konditionen diese dereinst erfolgen wird, und ob sie ähnliche Folgen zeitigt wie hier zu Lande, wird abzuwarten sein. Sicher ist, das der 38. Breitengrad eines Tages keine staatliche Grenze mehr sein wird. Marion Eggert/Jörg Plassen: Kleine Geschichte Koreas C.H. Beck, München. 200S., br., 11,90 EUR. Thomas Kern: Südkoreas Pfad zur Demokratie. Campus Verlag, Frankfurt (Main). 305S., geb., 34,90 EUR.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -