Freundlichkeit als harte Bandage
Zur Wahl des Regisseurs Andreas Dresen als Brandenburger Verfassungsrichter
Ein Verfassungsrichter tritt der Politik nicht in die Seite, sondern zur Seite. Er geht auch nicht über sie hinweg, aber sehr wohl über sie hinaus – und das ist gut möglich, Politik klebt nämlich am Boden, klebt an den Claims, die sie sich selber bestellt. Jede Partei ein Beet. Ein bunter Irrgarten. Gerechtigkeit, Ausgleich ist da immer etwas, das von außen kommen muss. Künstler sind: außen, weil sie ganz nah dran sind - am Menschen. Näher dran als Politik, Politik will immer nur dranbleiben, das ist Arbeit an der Entfernung vom Menschen.
Man darf sich in Andreas Dresen nicht täuschen, sein oft beschworener „Mut zur Freundlichkeit“ ist im Grunde eine harte Bandage – denn Freundlichkeit ist nicht Verträglichkeit, sondern eine philosophische Kategorie. Und Philosophie ist die Kunst des Fragens, des Zweifels, des Bohrens; Politik soll nicht behaupten, ihr behage das. Aber welches Gesellschaftssystem bestellt Verfassungsrichter außerhalb herrschender Politik? Man stelle sich vor: Heiner Carow wäre Verfassungsrichter im SED-Staat, der hausarrestierte Filmregisseur Jafar Panahi in Iran, und jetzt, auf dem chinesischen Pomp-Parteitag, beschlössen die Kommunisten, diese Volksfreunde per se, so ein paar Rechts-Vermittler aus den Reihen kritischer Künstler.
Andreas Dresen ist Verfassungsrichter. Sein erster Spielfilm hieß „Stilles Land“. DDR. Er wird für Unruhe sorgen. Das Land soll nicht still sein, sondern bewegt. Bürgerbewegt. Dafür steht der Name eines der wichtigen Künstler dieser Republik.
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