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Heiter und gesund bis 120

  • Reinhard Renneberg, Hongkong, und JoJo Tricolor, Cherville
  • Lesedauer: 2 Min.

Überfüllt! Das Auditorium im Hongkonger Science Park platzt aus allen Nähten - wohl der Traum eines jeden Vortragenden. Vorn steht Sir Ian Wilmut, Professor in Edinburgh und vor allem der »Vater von Klonschaf Dolly«, das ihn 1996 rund um den Erdball in die Schlagzeilen brachte.

Ich darf mich etwas an seiner Seite sonnen. Sir Ian wirkte nämlich an unserem Buch »Biotechnologie für Einsteiger« mit. Unsere umtriebigen Chinesen haben davon als Raubkopie eine Millionenauflage auf Hochglanzpapier herausgebracht. Dazu mein chinesischer Chef: »Aber Reinhard, nicht ärgern, das ist ein Kompliment! Wir kopieren nur das Beste!«

Sir Ian spricht heute über Stammzellen. Zunächst fragt er rhetorisch das Auditorium, welches Organ die Lebenszeit der meisten Schotten verkürzt. Die spontanen Antworten (Herz? Lunge?) liegen offenbar ausnahmslos daneben … So lauscht alles gebannt seinen Ausführungen. »Wer wollte denn 20 bis 40 Jahre länger leben als heute, aber ohne Gedächtnis und im Krankenbett?« Minutenlanger Beifall. Einen Tag zuvor hatte ich - dazu passend - einen Vortrag meines kalifornischen Freundes James Larrick gehört. Der zeigte eine tolle Grafik: »Lebensaktivität heute und in Zukunft«. Bis zum Alter von 20 ist der menschliche Körper in der Entwicklung. 100 Prozent der gesunden Aktivität erreicht man mit etwa 30 Jahren. Mit 40 sind es noch 70 Prozent, mit 60 grade mal 20 Prozent der Reserven. Die Kurve endet mit 80 Jahren bei Null.

Doch jetzt kommt die neue optimistische Stelle: Die »Quadratur der Lebenskurve«, wie Jim Larrick sie nennt. »Wenn Sie die nächsten zehn Jahre überleben, haben Sie gute Chancen, 120 zu werden und zwar fit und gesund! Wie das, Herr Professor? Der Schlüssel sind Biopharmaka wie die Cholesterin senkenden Statine, neue Medikamente, die Thrombosen verhindern, Anti-Alzheimer-Pillen sowie Stammzelltherapie. Dazu tägliches Fitness- und Antistress-Training, Vitamine (nicht als Tablette, sondern in Obst und Gemüse), Schutz vor Infektionen und vor allem eine positive Lebenseinstellung. Der Dresdner Mediziner Albrecht Hempel nennt diese Haltung heitere Gelassenheit.

Die »neue Lebenskurve« erreicht das Optimum ebenfalls mit 30 und bleibt dann auf diesem Niveau bis 80. Und das bei optimaler Gesundheit. Der »Knick« kommt ab 110, danach geht alles recht schnell. Ich frage Jim nach seinem Rat, wenn die 60 überschritten ist? »Reinhard, du bist erst in der Mitte, wir bringen Dich wieder von 20 auf 100 Prozent!«

Zurück zum Dolly-Vater. Für das Dinner mit Sir Ian hatte ich extra alten schottischen Whisky besorgt. Doch er winkt höflich ab: »Sorry, nur ein Glas vom besten Rotwein.« Womit auch die anfängliche Frage nach seinen nächsten Plänen beantwortet ist. Wichtigstes Ziel der Stammzelltherapie für das Whisky liebende Schottland: die Leber!

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