Kein Ende der Gewalt im Süden Thailands in Sicht

Konflikt forderte in neun Jahren mehrere Tausend Tote und kostete Milliarden

  • Thomas Berger, Bangkok
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit neun Jahren rollt die Welle der Gewalt im äußersten Süden Thailands. Mehr als 3300 Tote hat sie bisher gefordert. Eine Statistik über Opfer und Schäden des Konflikts hat die Regierung in Bangkok, doch kein Lösungskonzept.

Die Hauptlast des Konflikts zwischen islamistischen Rebellen und staatlichen Sicherheitskräften hat auch in Thailand die Zivilbevölkerung zu tragen. 2316 der Toten aus neun Konfliktjahren, also gut zwei Drittel der Gesamtzahl (3380), waren unbeteiligte Einwohner der drei Unruheprovinzen Pattani, Yala und Narathiwat sowie des angrenzenden Songhkla. Männer, Frauen und Kinder, die entweder bei einem der Bombenattentate auf öffentlichen Plätzen zur falschen Zeit am falschen Ort waren oder gar von einer der beiden Konfliktparteien fälschlicherweise als Vertreter des Gegners angesehen wurden. Nur 900 Todesopfer waren gewissermaßen direkt in die Auseinandersetzung verwickelt: 250 mutmaßliche Untergrundkämpfer, 372 Militärangehörige und 278 Polizisten.

Extra aufgeführt werden noch buddhistische Mönche (7) und Beschäftigte an Bildungseinrichtungen (157), die als »weiche Ziele« ins Visier der Rebellen geraten, die sich gegen eine »kulturelle Überfremdung« durch den Norden zur Wehr setzen und den Anspruch des thailändischen Staates auf das Unruhegebiet prinzipiell infrage stellen. Denn noch bis vor einem Jahrhundert waren Yala, Pattani und Narathiwat ein eigenständiges Sultanat, das erst spät dem Königreich Siam einverleibt wurde. Anders als sonst im Lande, wo es eine buddhistische Mehrheit gibt, sind in den drei Provinzen bis heute die Muslime die größte religiöse Gemeinschaft. Auch sonst haben die Einwohner im Aufstandsgebiet kulturell mehr gemein mit ihren Nachbarn jenseits der Grenze zu Malaysia als mit den Thais im Norden.

Mit dem Überfall auf ein Lager der thailändischen Armee am 4. Januar 2004 begann eine Reihe von Ereignissen, die Woche für Woche die einheimischen Medien füllen. Angriffe auf militärische Einrichtungen haben den Waffenbestand der Rebellen anwachsen lassen. Von 1629 Waffen, die in ihre Hände fielen, konnten 508 wieder sichergestellt werden. Wo genau sich die Aufständischen den Sprengstoff für ihre Anschläge besorgen, ist, wie anderes, unklar.

Denn es ist ein schwer fassbarer Gegner, den der Staat mit einer enormen Konzentration von Armee- und Polizeikräften zu bekämpfen versucht. Bis heute sind die »Rebellen« nicht mit einem offiziellen Forderungskatalog an die Öffentlichkeit getreten, was den Einstieg in Friedensverhandlungen deutlich erleichtern würde. Fakt ist nur die islamistisch-separatistische Ausrichtung der Aufständischen, von denen zumindest ein kleiner Teil traditionellen Separatistengruppen wie PULO, BRN und GMIP entstammen dürfte. Die genauen Verbindungen zu jenen, die kaum mehr in Erscheinung treten, sind jedoch ebenso spekulativ wie immer wieder herbeigeschriebene Kontakte zur internationalen Islamistenszene. Klar wurde in neun Aufstandsjahren aber auch, dass es sich nicht nur um »eine Bande Banditen« handelt, wie der frühere Premier Thaksin Shinawatra sagte.

Den Staat hat der Konflikt einschließlich der für 2013 eingeplanten Mittel bislang 4,55 Milliarden Euro gekostet - für Militärpräsenz und »Entwicklungsprojekte«. Eine direkte Friedensinitiative gibt es neben dieser zweiarmigen Taktik bis heute nicht.

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