Banken erhalten mehr Zeit

Geldinstitute müssen vollständige Liquiditätsreserve nun erst bis 2019 vorweisen

  • Ulrich Glauber, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Banken haben sich durchgesetzt. Sie erhalten bis 2019 Zeit, um ihre Barpolster zu erhöhen, vier Jahre länger als geplant. Damit wollen die Bankenaufseher verhindern, dass die schwache Weltkonjunktur abgewürgt wird. Zudem gelten nun auch gute Aktien und Obligationen als Bargeld.

Die Banken erhalten vier Jahre länger Zeit, die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht künftig vorgeschriebene Mindestliquiditätsquote (LCR) zur Absicherung gegen einen Zusammenbruch auszubauen. Das haben die im Ausschuss vereinigten wichtigsten Notenbanken am Sonntagabend in Basel beschlossen.

Das Gremium will mit der Fristverlängerung verhindern, dass die Kreditinstitute wegen des Aufbaus zusätzlicher Reserven der Wirtschaft den Geldhahn zudrehen und damit die globale Konjunktur abwürgen. »Die Übergangsfrist wird sicherstellen, dass der neue Liquiditätsstandard auf keinen Fall die Fähigkeit des globalen Bankensystems beeinträchtigen wird, die konjunkturelle Erholung zu finanzieren«, sagte Mervyn King, britischer Notenbankchef und Leiter des Basler Ausschusses.

Nun werden die Banken die neuen Liquiditätsregeln schrittweise erst bis 2019 anstatt bereits bis 2015 erfüllen müssen. 2015 müssen sie demnach erst 60 Prozent der endgültigen Reserve vorweisen. Danach wird die Latte jedes Jahr um zehn Prozentpunkte höher gelegt. Drei Fünftel der Sicherheiten müssen aus Bargeld, erstklassigen Staatsanleihen und anderen zentralbankfähigen Papieren bestehen, bis zu 40 Prozent dürfen auch Unternehmensanleihen mit hoher Bonität sein.

Auch einen weiteren Streitpunkt bei der Festlegung verbindlicher Bankenregeln konnte der Ausschuss beilegen: Ein Kompromiss sieht vor, bei der LCR auch Hypothekenpapiere und sogar Aktien anzurechnen. Ihr Wert wird aber nur zum Teil berücksichtigt. Für den Bankenaufsichtsvorsitzenden King sind die LCD-Standards damit nicht über Gebühr aufgeweicht worden.

Den Großbanken fehlten nach einer Erhebung des Ausschusses Ende 2011 nach den bisher geltenden Kriterien weltweit rund 1,8 Billionen Euro flüssige Mittel, um die LCR zu erfüllen. Zwei Drittel davon entfielen demnach auf europäische Institute. Im Schnitt hatten die 102 weltgrößten Banken vor einem Jahr 91 Prozent der geforderten Liquiditätsreserven beisammen. 38 Prozent der untersuchten Geldhäuser kamen allerdings auf weniger als 75 Prozent.

Der Ausschuss schreibt nun erstmals eine Mindestliquidität vor. Sie soll - ebenso wie die verschärften Eigenkapitalvorschriften - dazu dienen, bei Finanzkrisen Kreditklemmen und Zusammenbrüche systemrelevanter Banken zu vermeiden. Die Maßnahmen sind im sogenannten Basel-III-Paket gebündelt. Nach dem Kompromiss gilt für die Liquiditätsquote nun die gleiche Übergangsfrist wie für die Kapitalregeln von »Basel III«, auf die sich der Ausschuss bereits 2010 verständigt hatte.

In der Krise 2008 waren zahlreiche Finanzeinrichtungen allerdings weniger an zu wenig Eigenkapital gescheitert, als vielmehr daran, dass Kunden ihr Kapital abzogen und am Markt wegen des Misstrauens in der Finanzbranche kein frisches Geld aufzutreiben war. Mit der nun vorgeschriebenen Reserve soll künftig jede Bank 30 Tage allein überleben können. 2018 soll eine zweite Liquiditätsquote - die NSFR - in Kraft treten. Sie soll sicherstellen, dass Banken langfristig ausgegebene Kredite nicht zu kurzfristig refinanzieren.

Unterdessen nimmt die deutsche Finanzaufsicht BaFin die Gehälter und Boni der Banker in der Bundesrepublik unter die Lupe. Unter Beobachtung dürfte vor allem die Deutsche Bank gestellt werden, die allerdings schon Kürzungen bei den Boni um 15 bis 20 Prozent angekündigt hatte. Seit 2010 gelten strengere Vorschriften für die Zahlung solcher Prämienzahlungen. Boni sind Anreiz zur Ausrichtung an kurzfristigen Profiten und gelten als eine der wichtigsten Ursachen für die Finanzkrise vor viereinhalb Jahren. Die schärfere Gangart der BaFin auf Initiative des Finanzministeriums in Berlin wird von deutschen Medien mit der anstehenden Bundestagswahl in Verbindung gebracht.

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