Pferdefleischskandal weitet sich aus

Funde in Großbritannien, Verdachtsfall in NRW

  • Lesedauer: 2 Min.
Während sich die Behörden in den EU-Ländern angesichts des neuesten Lebensmittelskandals ziemlich hilflos präsentieren, gibt es immer neue Brennpunkte.

Brüssel/London (Agenturen/nd). Als Reaktion auf den europäischen Pferdefleisch-Skandal denkt die EU-Kommission darüber nach, ob auf Fertigprodukten auch die Herkunft des darin verarbeiteten Fleisches angegeben werden muss. Wie Verbraucherschutzkommissar Tonio Borg am Mittwoch in Brüssel sagte, sei der derzeitige Skandal aber nicht durch fehlende Gesetze entstanden, sondern durch »betrügerische oder fehlerhafte« Kennzeichnung. Für alle anderen in Europa verkauften Waren von der Strumpfhose bis zum Föhn soll dagegen nach einem Gesetzesvorstoß der EU-Kommission künftig das Herkunftsland verpflichtend auf der Verpackung stehen. Verbraucherschützer pochen seit Langem auf eine bessere Etikettierung von Nahrungsprodukten.

Die EU-Regeln sehen bislang vor, dass nur bei frischem Rindfleisch das Herkunftsland angegeben werden muss. Auf Fertigprodukten reicht die Angabe aus, welches Fleisch verarbeitet wurde. Borg kam am späten Mittwochnachmittag mit Vertretern Irlands, Großbritanniens, Frankreichs, der Niederlande, Luxemburgs, Rumäniens und Deutschlands in Brüssel zu Beratungen über Konsequenzen aus dem Vorfall zusammen.

Derweil weitet sich der Skandal noch aus. In Großbritannien schloss die Lebensmittelaufsicht FSA am Mittwoch zwei Verarbeitungsbetriebe. Der Betreiber eines Schlachthofs in der nordenglischen Grafschaft Yorkshire steht unter dem Verdacht, geschlachtete Pferde an einen Betrieb in Wales weitergegeben zu haben. Das Fleisch wurde vermutlich zu Burger-Frikadellen und Kebab verarbeitet und als Rind verkauft. Polizisten und Lebensmittelkontrolleure beschlagnahmten Fleisch, Dokumente und Kundenlisten.

In Deutschland gibt es einen ersten Verdachtsfall. Über das europäische Schnellwarnsystem seien die Behörden am Dienstagabend über den Verdacht informiert worden, dass falsch deklarierte Lebensmittel nach Deutschland gelangt seien, teilte das Bundesverbraucherministerium mit. Es handle sich um verarbeitete Lasagne, die an mindestens einen Händler in Nordrhein-Westfalen geliefert wurde. Laut dem NRW-Verbraucherministerium seien zwischen November 2012 und Januar 2013 über einen Zwischenhändler in Luxemburg Produkte »in größerem Umfang« geliefert worden, »die im Verdacht des Kennzeichnungsverstoßes mit Pferdefleisch stehen«.

Kaiser's Tengelmann gab am Mittwoch bekannt, schon vor einer Woche Tiefkühllasagne der Eigenmarke A&P vorsorglich aus dem Verkauf genommen zu haben. Derzeit fänden Analysen statt; Testergebnisse stünden noch aus.

Laut der der Verbraucherorganisation Foodwatch wissen Bund und Länder »spätestens seit dem 31. Januar« über den Betrug Bescheid. Sämtliche Testergebnisse und die Namen aller Produkte des französischen Verarbeiters Comigel, die im deutschen Einzelhandel verkauft werden, müssten sofort veröffentlicht werden

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