Deutsche Firma mitschuldig

In Israel starben Kinder an mangelhafter Babynahrung

  • Lesedauer: 2 Min.

Drei tote Kinder wegen mangelhafter Babynahrung: Mehr als neun Jahre nach dem »Remedia«-Skandal in Israel ist ein ehemaliger Mitarbeiter des Unternehmens schuldig gesprochen worden. Ein Gericht in Petach Tikva verurteilte den Ernährungstechniker am Mittwoch wegen fahrlässiger Tötung. Das Gericht sprach zwei weitere ranghohe Mitarbeiter der Firma frei. Das Strafmaß wurde aber noch nicht verkündet.

Seit 2003 waren drei Kinder gestorben und rund 20 weitere Kleinkinder zum Teil schwer erkrankt, nachdem sie mit Remedia-Babynahrung gefüttert worden waren, die zu wenig Vitamin B1 enthielt. Die deutsche »Humana« hatte die Sojamilch für »Remedia« hergestellt. Vitamin B1 (Thiamin) ist wichtig für den Energiestoffwechsel und das Nervensystem.

Der für die Qualitätskontrollen zuständige israelische Ernährungstechniker habe wissen müssen, dass eine veränderte Zusammensetzung der Babynahrung keinen Zusatz von Vitamin B 1 enthielt, schrieb die Richterin in der Urteilsbegründung. Er habe nachlässig gehandelt und keine Überprüfung des Endprodukts angeordnet.

Weiter hieß es in der Begründung: »Die Hauptschuld an dem tragischen Ergebnis trägt die Firma ›Humana‹.« Sie sprach von einer »Reihe von schweren Versäumnissen« des deutschen Unternehmens. »Humana« habe damals einseitig entschieden, den Anteil von Vitamin B1 in der Sojamilch zu verringern. Remedia sei in diese Entscheidung nicht eingeweiht gewesen. Auf der Verpackung sei die angemessene Menge des Vitamins angeben worden, das Milchpulver selbst habe jedoch viel zu wenig davon enthalten.

Die Richterin äußerte Bedauern darüber, dass ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen vier ehemalige Mitarbeiter von »Humana« vor gut vier Jahren gegen Zahlung von Geldbußen eingestellt wurde. »Der Staat Israel hat sich nicht darum bemüht, die verantwortlichen Repräsentanten von ›Humana‹ vor Gericht zu bringen und es wurde kein Auslieferungsantrag gestellt«, schrieb sie weiter.

Die Richterin weinte bei der Verlesung der Namen der Opfer. Amir Nati, dessen heute neunjährige Tochter schwere Schäden davongetragen hat, äußerte Enttäuschung über den Freispruch für die beiden ranghohen »Remedia«-Mitarbeiter. Er nannte die Entscheidung eine »Beleidigung der Familien«, die tagtäglich mit den Langzeitschäden zu kämpfen hätten. Nati kündigte an, das Urteil anzufechten. dpa

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal