Berliner Eisbären mit Sieg - aber ohne Fans
Im ersten Playoff-Spiel der DEL gewinnt der Eishockeymeister gegen Hamburg 6:5, doch die Anhänger sind erbost
Wer glaubte, der Protest der Eisbären-Fans gegen die drastischen Erhöhungen der Dauerkartenpreise ab der nächsten Saison würde sich als Sturm im Wasserglas erweisen, irrte gewaltig. Mit dem Anpfiff zum ersten Viertelfinalspiel der Berliner gegen die Hamburg Freezers verließen - wie angekündigt - rund 3000 Fans demonstrativ die Halle.
Ungewöhnlich auch die Bilder vom ersten Bully: In der Fankurve wehten diesmal keine Fahnen, stattdessen gelbe Euro-Zeichen und ein Plakat »Nur der Euro zählt« sowie die Ankündigung »Hütet euch vor Sturm und Wind und Eisbärenfans, die in Rage sind«. Auf dem Plakat mit den Emblemen der Fanklubs waren fast alle Logos durchgestrichen, um zu signalisieren: Wir gehören heute nicht dazu. Auch die üblichen Gesänge hatten eine neue Strophe »Wir sind die Fans, die ihr nicht wollt«. Und immer wieder ein gellendes Pfeifkonzert. Eine bislang einmalige Protestaktion in der Geschichte der Eisbären.
Vor der Halle hatten 20 Fans Tausende Handzettel verteilt und damit ihren Fanprotest erklärt. Er richte sich nicht gegen die Mannschaft, sondern gegen das fragwürdige Verhalten der Eisbären-Geschäftsführung. Denn die Preiserhöhungen zielen ausschließlich auf die Dauerkartennutzer ab. »Unerwünscht« - mit diesem Schild um den Hals verteilte auch der 52-jährige Rollstuhlfahrer Jörg Zedlitz Handzettel. »Ich bin tief enttäuscht. Ich komme seit acht Jahren von Bremen zu fast jedem Spiel und hatte bislang kostenlosen Zutritt. Nun soll ich 270 Euro zahlen. Das kann ich mir nicht leisten. Etwas dazu zahlen, wäre normal, aber nicht so viel.« Die Forderung der Fans ist eindeutig: »Eishockey muss bezahlbar bleiben«. In Zukunft sollen aber Kinder bis zu 94 Prozent mehr zahlen, das Familienticket soll um 60 Prozent, die Dauerkarte mehr als 40 Prozent teurer werden. Nun will das Management der Berliner mit dem Fanbeirat ins Gespräch kommen. »Noch ist aber gar nichts passiert«, ist Thomas Schneider, der Handzettel verteilte, enttäuscht und macht klar: Der Fanprotest geht weiter. Die üblichen Fanbusse am Freitag nach Hamburg wurden bereits abgesagt. Man darf gespannt sein auf die Fanreaktion am Montag beim dritten Playoff-Spiel in Berlin.
Sportlich gesehen sind die Eisbären zum Auftakt der »best of seven«-Serie mit einem blauen Auge davon gekommen. Ohne Fans im Rücken lagen sie wie unter kollektiver Schockstarre nach dem ersten Drittel 0:4 zurück, drehten aber im letzten Drittel mit drei Toren innerhalb von drei Minuten die Partie zur 5:4-Führung. Hamburg schaffte zwar noch den 5:5-Ausgleich (57.), stand aber nach elf Spielminuten der Verlängerung als untröstlicher Verlierer da.
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