Auto- und Radfahrer müssen mit höheren Strafen rechnen

Was ändert sich in der Straßenverkehrsordnung ab 1. April 2013?

  • Lesedauer: 5 Min.
Ab 1. April 2013 ist eine Neufassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft getreten. Die vor vier Jahren eingeführte Neufassung war juristisch umstritten und galt aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums aus formalen Gründen als nichtig. Mit der neuen Fassung soll nun wieder Rechtsklarheit und Rechtssicherheit herrschen. Die Experten von DEKRA erklären nachfolgend die wichtigsten Änderungen.

1. Winterreifenpflicht konkretisiert

»Bisher war im Verordnungstext nur davon die Rede, dass die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen ist und dass dazu insbesondere eine ›geeignete Bereifung‹ gehört«, so Dr. Andreas Schmidt, Leiter Fahrerlaubniswesen bei DEKRA. »Mit der Neufassung wird konkret festgeschrieben, dass bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte nur mit Reifen gefahren werden darf, die den in der geltenden EU-Richtlinie beschriebenen Eigenschaften für Winterreifen, also M+S-Reifen, entsprechen. Damit wird die Winterreifenpflicht endlich greifbar.« Diese einheitlichen Kriterien gab es bisher nicht (StVO § 2 Abs. 3a).

2. Neuregelung für Motorräder beim Tagfahrlicht

Wenn Motorräder mit Tagfahrlicht ausgestattet sind, können die Fahrer tagsüber selbst entscheiden, ob sie mit Abblendlicht oder Tagfahrlicht fahren. Bisher war durchgängig Abblendlicht vorgeschrieben. Während der Dämmerung, Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es erfordern, ist Abblendlicht einzuschalten (StVO § 17 Abs. 2a).

3. Überholverbot an Bahnübergängen

Künftig gilt ein Überholverbot zwischen dem entsprechenden Gefahrzeichen und dem Bahnübergang selbst (StVO § 19). »Einem Bahnübergang darf sich der Straßenverkehr ohnehin nur mit mäßiger Geschwindigkeit nähern, außerdem könnte das überholte Fahrzeug die Sicht auf die Schienen verdecken«, so der DEKRA-Experte zur Neuregelung. Die Wartepflicht außerhalb geschlossener Ortschaften für Lkw über 7,5 Tonnen und Fahrzeuge mit Anhänger an der einstreifigen Bake wurde gestrichen.

4. Benutzung von Fahrstreifen

Wenn auf einer Fahrbahn für beide Richtungen insgesamt drei durch Leitlinien markierte Fahrstreifen vorgesehen sind, dürfen der linke, dem Gegenverkehr vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen genutzt werden. Dasselbe gilt bei Fahrbahnen mit fünf markierten Fahrstreifen für beide Richtungen für die zwei linken und den mittleren Fahrstreifen. Nur wer nach links abbiegen möchte, darf sich in diesen Fällen auf dem mittleren Fahrstreifen einordnen (StVO § 7 Abs.3a). Bei drei oder mehr markierten Fahrstreifen für eine Richtung dürfen außerorts Lkw über 3,5 Tonnen und Kraftfahrzeuge mit Anhänger den linken Fahrstreifen ebenfalls nur zum Linksabbiegen benutzen.

5. Beförderung von Kindern in Fahrradanhängern

Die Beförderung von Kindern in Fahrradanhängern wird ausdrücklich erlaubt: Bis zu zwei Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr dürfen von mindestens 16 Jahre alten Personen im Fahrradanhänger mitgenommen werden (StVO § 21 Abs. 3).

6. Neureglung für Inline-Skater und Rollschuhfahrer

Sie fahren nicht mehr in der Grauzone: Die schon bestehende Rechtslage, wonach sie nicht als Fahrzeuge gelten, wird festgeschrieben. Sie gelten also nicht als Fahrzeuge. Demnach dürfen sie weder Fahrbahnen noch Radwege benutzen, sondern müssen auf dem Gehweg fahren (StVO § 24 Abs. 1). Ausnahme: Radwege, Seitenstreifen oder Fahrbahn können durch ein neues Zusatzzeichen für Inline-Skater und Rollschuhfahrer freigegeben werden.

7. Sonderrechte für Postfahrzeuge

Postfahrzeuge bekommen zum Leeren von Briefkästen Sonderrechte: Ihnen ist das Befahren von Gehwegen und Fußgängerzonen auch außerhalb festgeschriebener Zeiten erlaubt. Je zehn Meter vor und hinter einem Briefkasten dürfen sie kurz in zweiter Reihe parken (StVO § 35 Abs. 7a).

8. Höhere Bußgelder für Auto- und Radfahrer

Die Verwarngelder für Autofahrer bei fehlendem Parkschein oder abgelaufener Parkzeit wurden nach mehr als 20 Jahren angehoben. Das Überschreiten der Parkdauer um bis zu 30 Minuten wird um fünf Euro teurer. Zehn statt bisher fünf Euro kostet das ab 1. April. Damit soll das sogenannte Wildparken eingeschränkt werden.

Was heißt das im Detail bei weiteren Zeitüberschreitungen? Je fünf Euro teurer wird das Überschreiten der Parkdauer: 15 Euro für eine Stunde, 20 Euro für zwei Stunden, 25 Euro für bis zu drei Stunden und 30 Euro für eine noch längere Zeitüberschreitung.

Der Höchstsatz von 35 Euro gilt weiterhin beim Zuparken von Feuerwehrzufahrten oder Behindertenparkplätzen. Das Parken auf Radwegen kostet künftig 20 Euro bis 30 Euro statt 15 Euro bis 20 Euro. Wer beim Ein- und Aussteigen nicht auf Radfahrer achtet, muss mit 20 Euro statt bislang zehn Euro Bußgeld rechnen. Wer mit seinem Wagen einen Streifen für Radfahrer auf der Straße blockiert, muss 20 statt 10 Euro zahlen.

Die Strafen für verschiedene kleinere Verkehrsverstöße von Radfahrern - hier wurde in der neuen StVO die geschlechtsneutrale Bezeichnung »Wer mit dem Rad fährt« gewählt - werden um fünf bis zehn Euro erhöht. Das betrifft etwa das Fahren auf Radwegen in die falsche Richtung, es kostet 20 Euro. Wer einen gekennzeichneten Radweg nicht benutzt, muss mit 20 statt bisher 15 Euro Bußgeld rechnen. Falsches Einbiegen in Einbahnstraßen kostet nun je nach Situation 20 bis 35 Euro statt bisher 15 bis 30 Euro. Fahren ohne Licht wird mit 20 statt 10 Euro geahndet. Auf der Straße fahrende Radler müssen sich beim Abbiegen etwa an Ampeln nicht mehr rechts neben den Autos halten, sondern können sich vor oder hinter ihnen einordnen.

Die Nutzung eines Handys beim Radfahrern wird künftig wie bei Auto- und Motorradfahrern mit 25 Euro Bußgeld geahndet. Wer als Radfahrer die rote Ampel missachtet, muss mit mindestens 45 Euro Bußgeld rechnen. Wenn die Ampel schon länger als eine Sekunde rot anzeigt, sind sogar 100 Euro Bußgeld fällig.

9. »Schilderwald« wird reduziert - aber neue Schilder kommen hinzu

Hinsichtlich der Verkehrszeichen verfolgt die neu gefasste Straßenverkehrsordnung das Ziel, den »Schilderwald« auszudünnen. Danach entfallen etliche Verkehrszeichen. Zum Beispiel gibt es nur noch ein Schild für »Bahnübergang« - aber kein Extraschild mehr für den beschrankten Bahnübergang. Allerdings können die bisherigen Schilder für einen beschrankten Bahnübergang noch bis 2022 stehen bleiben.

Etliche Warnschilder wie »Steinschlag«, »Rinder«, »Fluglärm« oder »Zebrastreifen« werden durch das allgemeine Warnschild (StVO Gefahrzeichen 101) mit Zusatzschild ersetzt.

Neu eingeführt wird zum Beispiel ein Verkehrszeichen für eine für Fußgänger und Radfahrer durchquerbare Sackgasse. Neu ist auch ein Zusatzzeichen für Inline-Skater und Rollschuhfahrer, wenn sie entgegen der neuen Regel Fahrbahnen und Radwege ausnahmsweise benutzen dürfen. Neue Schilder wird es auch zur Anzeige vom Anfang und Ende der Parkraumbewirtschaftungszonen geben (siehe Grafik).

Eine ganze Reihe von Verkehrszeichen kennzeichnet schon seit längerer Zeit ein zeitgemäßeres Design. So trägt auf dem Verkehrszeichen »Baustelle« (korrekt Arbeitsstelle) die dort abgebildete Person keine Mütze mehr. Beim Verkehrszeichen, das vor Kindern warnt, wurden die Zöpfe sozusagen abgeschnitten.

Doch wie gesagt: Schilder im alten Look bleiben bis 2022 gültig, so dass die Kommunen genügend Zeit zum Austausch haben.

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