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In Form gebracht

Markus Drescher über die soziale Lage der Jugend

Deutsche Kinder und Jugendliche sind gut in der Schule und leben gesund. Sie rauchen, kiffen und trinken weniger Alkohol als die in anderen Ländern. Vielleicht liegt genau da das Problem, dass so viele ihre Lebenssituation negativ bewerten. Ausprobieren, auch mal etwas Verbotenes tun, die Grenzen austesten, Kinder und Jugendliche ihre eigenen Fehler machen lassen, ist antiquiertes Teufelszeug der 68er. Oder erinnert sich noch jemand an diese »Spaßgeneration« in den 1990ern? Was heute zählt, ist Leistung, Leistung, Leistung. Und die Jugend wurde offensichtlich in Form gebracht.

Zufriedenheit und Glück sind keine relevanten Größen, soweit sie nicht als Synonyme für Geld, Erfolg und gutes Aussehen herhalten müssen. Daran wurde in den letzten gut 15 Jahren hart gearbeitet. Der Druck zu funktionieren hat sich durch Hartz-Reformen, Leiharbeit, Turbo-Abi, Bachelor- und Masterstudiengänge weiter erhöht.

Im Kindergarten einfach nur spielen? Is' nicht! Mindestens eine Fremdsprache muss er schon anfangen zu lernen, der Erfolgsmensch. In der Schule mal versagen dürfen? Nicht doch. Im Kampf um Lehrstellen und Studienplätze zählt jede gute Note. Statt Freizeit geht es ab in die Nachhilfe, nur nicht hinter die anderen zurückfallen. Und diejenigen, die nicht hinterherkommen? Pech gehabt. Aussicht: Jobcenterkunde. So oder so, Kindsein wird zur spaßbefreiten Zone zwischen Geburt und wahlweise Arbeitslosigkeit oder nicht marktkonformem Burnout.

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