Trauerspiel
Olaf Standke über die italienische Präsidentenwahl
Er ist ein Präsident wider Willen und seine Wiederwahl zum Präsidenten ist von durchaus historischer Ironie. Denn beim Römischen Wahltheater am Wochenende ließen die italienischen Parteien den Eindruck entstehen, als könnte nur ein 87-Jähriger Ex-Kommunist das in einer tiefen Kapitalismus-Krise steckende Land vor dem endgültigen Untergang retten. Eigentlich wollte Giorgio Napolitano den Quirinale-Palast verlassen. Er bleibt, weil er sich offensichtlich dem Zusammenhalt eines zerrissenen und politisch wie wirtschaftlich gelähmten Staates verpflichtet fühlt. Ein Heilsbringer allerdings ist auch Napolitano nicht. Er kann nur als geachteter und geschickter Vermittler versuchen, die Regierungskrise zu beenden - über die Suche nach einer tragfähigen Koalition, notfalls auch mit Neuwahlen. Denn die Arbeitslosigkeit, besonders unter den jungen Italienern, wächst so dramatisch wie der Schuldenberg des Landes.
Aber dafür braucht Giorgio Napolitano Partner, die die gleiche Verantwortung fühlen wie er und den Willen zur grundsätzlichen Veränderung haben. Davon war am Wochenende nichts zu spüren. Da ging es vielen nur um alte Machtspiele. Die Demokratische Partei, bei den jüngsten Parlamentswahlen mit einem Linksbündnis noch stärkste Kraft, demontierte sich dabei im Streit um einen Konsenskandidaten gleich selbst. Und auch der Kurs der neuen Protestbewegung »Fünf Sterne« verdeutlich vor allem das ganze Elend der italienischen Politik.
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