Gibt es künftig wieder eine »Trybuna«?

Polens Medien bedürfen linker Alternative

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Medienfreiheit ist in Polen seit der »Wende zur Demokratie« vor 23 Jahren fest in den Händen der bürgerlichen Meinungsbildungsindustrie. Die Linke hat dem bisher wenig entgegenzusetzen.

Politisch-ideologisch einheitlich ist Polens Medienlandschaft nicht, da gibt es durchaus einen der Parteienstruktur entsprechenden »Pluralismus«. Der reicht von der »liberal-konservativ« zu nennenden »Gazeta Wyborcza« bis zur nationalistischen Reaktion. Die ist in der Regel klerikal schwarz gefärbt und schmückt sich oft sozial-populistisch. Das eindeutig pro-kapitalistische Engagement ist indes nicht zu verkennen. Anders kann es nicht sein, stecken hinter den Medien doch meist ausländische, darunter deutsche und US-amerikanische Verlagsunternehmen, aber auch heimische Kapitalgruppen - und der demokratische Rechtsstaat.

Warum es in der pluralistischen Gesellschaft dazu keine ebenbürtige linke Alternative gibt, das ist eine Gretchenfrage. Gebetsmühlenartig beteuern das Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) ebenso wie die Palikot-Bewegung (RP), die »soziale Linke« in Polen umfasse etwa ein Viertel der Wählerschaft. Doch gibt es dafür derzeit keine Indizien. Das SLD stagniert in Umfragen bei rund 10 Prozent, die Bewegung Janusz Palikots liegt momentan sogar unterhalb der parlamentarischen Existenzklausel.

Angesichts der Tatsache, dass in etlichen Umfragen fast drei Viertel der Polen die Politik der Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk ablehnen, was sich dieser Tage dadurch äußert, dass die regierende Bürgerplattform (PO) durch Jaroslaw Kaczynskis oppositionelle Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) überholt wird, müsste die Linke offensiv auf die öffentliche Meinung einwirken können. Dafür fehlt es ihr jedoch an Medieninstrumenten. Was in Polen noch dazu zu rechnen wäre, kann man an den Fingern einer Hand abzählen: die Wochenschriften »NIE« und »Przeglad«, eventuell die antiklerikalen »Fakty« oder die rationalistische Monatsschrift »Res humana«. Linksliberal ist das Wochenmagazin »Polityka«. Ein Versuch, mit dem Titel »Po prostu« einen Neuanfang zu wagen, ist gescheitert. Nun wird eine linke Tageszeitung - »Dziennik Trybuna« - anvisiert. Am 1. Mai wurde die Probenummer an die Demonstranten im Zug des Gewerkschaftsbundes OPZZ verteilt. Ab Mitte des Monats soll sie nach Aussagen von Chefredakteur Robert Walenciak regelmäßig erscheinen und die 2009 eingegangene »Trybuna« ersetzen, die 1990 der »Trybuna Ludu« folgte. Allerdings gibt es immer noch Zweifel, ob das Projekt gelingt.

Sicher ist dagegen das von der extremen Rechten am 6. Mai gestartete Fernsehunternehmen »TV-Republika« mit dem rechts außen stehenden Bronislaw Wildstein als Chefredakteur. Etwa drei Millionen verkabelte Empfänger soll der Sender schon am ersten Tag gehabt haben. Finanziell bürgt die polnische Verlagsgruppe PMPG um Pawel Lisiecki dafür. Die Gruppe kooperiert mit der Gesellschaft Katholischer Verleger. Sie ein »echt polnisches Gegengewicht« zum öffentlich-rechtlichen TVP und zum privaten TVN darstellen und auch des Paters Tadeusz Rydzyk klerikales »Telewizja Trwam« und dessen Tageszeitung »Nasz Dziennik« als Partner betrachten.

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