Zeichen der Zeit

Gabriele Oertel über eine Verwandtenaffäre in der christsozialen Familie

  • Lesedauer: 2 Min.

Zwischen der CSU-Landesgruppe in Berlin und den Parteioberen in München hat in der Vergangenheit schon öfter die Luft gebrannt. Was allerdings gerade zwischen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer und CSU-Chef Horst Seehofer läuft, ist mehr als die übliche Grantelei. Mitten in der längst noch nicht überstandenen Verwandtenaffäre herrscht in der christsozialen Familie Uneinigkeit in der Beurteilung der Selbstbedienungsmentalität bayerischer Landtagsabgeordneter. Ausgerechnet Ramsauer, der sich im Merkel-Kabinett in den letzten vier Jahren nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, torpediert Seehofers hektisches Bemühen, sich als schonungsloser Aufklärer zu präsentieren und damit vier Monate vor der Landtagswahl verspieltes Terrain wieder gutzumachen. Der zeitweilig nach Berlin entsandte Minister gab zu Protokoll, dass die Wähler in Bayern die Beschäftigung von Verwandten in diversen Münchener Abgeordnetenbüros auf Kosten der Steuerzahler so schlimm nicht finden. Offenbar aber hat Bayerns Ministerpräsident vor Ort andere Erfahrungen mit dem Unmut vieler Wähler gemacht, ahnt möglicherweise zudem, dass die bisher stattgefundenen Rücktritte längst noch nicht reichen, um den zu besänftigen - und kachelte zurück, dass Ramsauer keine Ahnung habe. Es sei dahingestellt, wie ehrlich der öffentliche Rüffel gemeint ist - er zeigt aber immerhin, dass Seehofer nach Stuttgart 21, Guttenberg- und Wulff-Affäre die Zeichen der Zeit womöglich besser verstanden hat als manch anderer in der Union.

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