Rohstoffe vor Menschenrechten

Indien und Ecuador ignorieren Gerichtsurteile

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei der Rohstoffförderung werden immer wieder Rechte von Indigenen verletzt. In Ecuador und Indien wurden durch erfolgreichen Widerstand Gerichtsurteile erreicht, die festlegen, dass Indigene zukünftig umfassend informiert und befragt werden müssen. Viel geändert hat das nicht.

»Das erste, was wir von der Erdölförderung mitbekommen haben, waren die Helikopter, die auf unseren Feldern landeten«, berichtet eine Dorfbewohnerin in dem Dokumentarfilm »Kinder des Jaguar« von Eriberto Gualinga. Der 35-jährige Filmer und Aktivist hat die Kämpfe der Gemeinde Sarayaku begleitet: Jahrelang haben sich die im Amazonasgebiet lebenden Indigenen gegen die Erdölförderung durch ein argentinisches Unternehmen gewehrt. Im Juli 2012 verurteilte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte die Regierung Ecuadors zu Entschädigungen und der Entsorgung von 1,4 Tonnen Sprengstoff, den das Unternehmen zurückgelassen hatte. Denn Ecuador hat die ILO-Konvention 169 über die Rechte der indigenden Völker ratifiziert und deren Rechte in der Verfassung verankert. Aus diesem Grund hätte sie die Sarayaku konsultieren müssen. Zudem hat das Gericht verfügt, dass innerhalb eines Jahres Maßnahmen erlassen werden müssen, die solche Konflikte zukünftig vermeiden.

»Bisher ist fast nichts passiert«, berichtete Gualinga am Donnerstag auf Einladung von »Amnesty International« in Berlin. Er befürchtet, dass sich der Konflikt schon bald neu entzündet. Denn die Regierung plant neue Förderkonzessionen zur Erdölförderung und zum Abbau von Gold und Bronze zu vergeben. »Der Amazonas ist unsere Existenzgrundlage, aber trotz höchstrichterlicher Entscheidungen respektiert die Regierung unsere Rechte nicht«, so Gualinga.

Auch in Indien gab es im April 2013 eine Entscheidung des Obersten Gerichtes, die die Rechte der indigenen Dongria Kondh stärkte. Surya Shankar Dash lebt im indischen Bundesstaat Odisha. Der Dokumentarfilmer betreibt eine Homepage, die Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Wirtschaftsprojekten offen legt. Auch in seiner Heimat Odisha vergab die indische Regierung vor rund zehn Jahren an zwei internationale Bergbauunternehmen die Lizenz, Bauxit abzubauen. Die lokale Bevölkerung wurde dazu weder befragt noch überhaupt informiert und setzte sich seitdem zur Wehr. Vor Gericht erfolgreich änderte die Entscheidung im Alltag allerdings nichts: Weiterhin kommt es zu brutalen Polizeiübergriffen auf Bewohner oder Presse, die Dash auf seiner Homepage (www.videorepublic.tv), dokumentiert.

»Die lokale Bevölkerung ist auf sich allein gestellt«, berichtet Dash. »Öffentliche Veranstaltungen werden gestört, die Informationen über mögliche Umweltschäden stellen allein die Unternehmen zusammen und im Anschluss verkündt die Regierung erfolgreiche Gespräche.«

Dabei steht das Land der Dongria Kondh eigentlich unter dem besonderen Schutz der indischen Regierung. Die rund 8000 Indigenen leben in 90 Dörfern in den Niyamgiri Bergen im Osten des Landes. Sie befürchten negative Auswirkungen auf das noch intakte Ökosystem und auf ihre traditionelle Lebensweise.

»Die Urteile waren ein wichtiges Symbol für die Rechte Indigener«, sagt Dash. Im Alltag ändert sich für die Betroffenen jedoch wenig.

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