Der DOSB übt Transparenz

Mit jährlich knapp 45 Millionen Euro geht der Deutsche Olympische Sportbund auf Medaillenjagd

  • Oliver Händler
  • Lesedauer: 3 Min.
Wie viel Geld ist eine Goldmedaille wert? Diese Rechnung hat der DOSB nicht veröffentlicht, dafür aber dazu benötigte Rohdaten. Das vorläufige Ende einer leidigen Diskussion um Zielkorridore und Transparenz.

Ein Wirrwarr von Zahlen präsentierte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gestern in Frankfurt am Main. Die Öffentlichkeit hatte Transparenz verlangt, hier ist sie nun - zumindest teilweise. Den kompletten Einblick in die Finanzierung des deutschen Spitzensports gab der DOSB auch im passend gewählten Raum »Gold 1« des Lindner Hotels nicht, doch auch so lassen die Daten hinter den viel diskutierten Zielvereinbarungen interessante Schlüsse zu.

Zunächst die wichtigsten Zahlen: 40 bis 70 Medaillen wollen die deutschen Sommersportler 2016 aus Rio de Janeiro mit nach Hause bringen. In einem halben Jahr in Sotschi peilen die Wintersportverbände schon 27 bis 42 Plaketten an. Das nennt sich neuolympisch Medaillenkorridor. Der ist sogar anpassbar, sollten sich etwa »eine Mannschaft gar nicht für Olympia qualifizieren oder Athleten ihre Karriere beenden«, erläuterte DOSB-Generalsekretär Michael Vesper. Der Dachverband hat offensichtlich aus der Zieldiskussion gelernt. Vor London waren nur die hohen Potenziale festgeschrieben, wodurch die erreichten 44 Medaillen gegenüber dem Ziel von 86 recht mickrig wirkten. Nun führt man auch ein Worst-Case-Szenario ein. In Vancouver gewannen die Wintersportler 2010 übrigens 30 mal Edelmetall.

Wer sich eher für Geld als für Medaillen interessiert, dem bleibt die Zahl 44,37 Millionen Euro plus minus ein paar Rundungsfehler im Gedächtnis hängen. Damit werden die einzelnen Verbände allein im Jahr 2013 vom Bundesministerium des Innern (BMI) unterstützt. Knapp drei Viertel davon verteilt der DOSB auf die jeweiligen Verbandsgrundförderungen, aus denen die Wettkämpfe, Trainingslager und Trainer der Kaderathleten bezahlt werden. Der Rest nennt sich Projektförderung, wird jedes Jahr neu verhandelt und kommt hauptsächlich den Spitzenathleten des DOSB-Topteams zugute, denen man im aktuellen Olympiazyklus am ehesten Medaillen zutraut.

Konnte man bei all den Beschwerden des deutschen Sports in letzter Zeit den Eindruck gewinnen, das BMI setze die Daumenschrauben an, hieß es gestern plötzlich, dass im Projektfördertopf sogar 1,3 Millionen Euro mehr sind als 2012. »Es ist wunderbar, dass es mehr gibt«, sagte DOSB-Vizepräsidentin Christa Thiel, mahnte jedoch: »Es reicht nicht aus, um alle beantragten Projekte in den Verbänden zu bezahlen.« Also entwickelte der DOSB für die Sommerverbände ein 5-Gruppen-System, in die Sportarten je nach Leistungen bei Olympia 2012, den Potenzialen für Rio 2016 und der Möglichkeit der Eigenfinanzierung eingeteilt wurden. Manche Verbände bekommen gar keine Projekte finanziert (z.B. Golf, Fußball oder Rugby), manche bleiben auf dem Level von 2012. Das trifft die meisten Mannschaftssportarten wie Basketball, Handball oder Hallenvolleyball.

Auch wenn der DOSB immer wieder betont, er bestrafe oder belohne nicht für erreichte Medaillen, fällt doch auf, dass in den besten zwei Kategorien die Gewinner von London versammelt sind. Zwar trugen schon aus Zeitnot vor zwei Wochen alle Verbände das neue System mit, die Spielsportarten mahnen jedoch Änderungen in den Förderkriterien an (siehe Interview rechts).

Knapp 45 Millionen Euro wären also geklärt, auch wenn die genaue Einsicht in die Verwendung von den Verbänden abhängt. Die dürfen noch schwärzen, bevor der DOSB die Zielvereinbarungsdokumente veröffentlicht. Es fließt jedoch noch weit mehr Geld in den deutschen Spitzensport. Das BMI zahlt insgesamt etwa 130 Millionen Euro jährlich. Darin enthalten sind die Förderung von Sportveranstaltungen, Behindertensport, Olympiastützpunkten (OSP) und vieles mehr. Die Länder kümmern sich um den Breitensport, der im Kinder- und Jugendbereich die Grundlage für den Leistungssport darstellt. Dadurch, dass sich auch die Länder an den OSP beteiligen, steigen die öffentlichen Kosten sogar noch weiter. Wie viel Geld Gold wert ist, bleibt also vorerst eine unlösbare Rechenaufgabe.

Weiterlesen Medaillenkorridore:

Ziele und Förderung – DOSB-Pressekonferenz am 24.06.2013 in Frankfurt am Main

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