Mehr Rabatt für Briten

Grüne und Linke kritisieren Kompromiss bei EU-Finanzplan

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.
Sechs Milliarden Euro sollen in den nächsten zwei Jahren für Europas Jugend ausgegeben werden. Angesichts der Probleme ist das zu wenig.

Der monatelange Haushaltsstreit in der Europäischen Union ist vorerst beigelegt. »Es wurde Zeit, dass wir uns mit dem Parlament geeinigt haben«, bestätigte der luxemburgische Premier Jean-Claude Juncker nach mehrstündigen Gipfelberatungen am frühen Freitagmorgen den Kompromiss zwischen den 27 EU-Staats- und Regierungschefs und dem Europaparlament. Konservative, Sozialdemokraten und Liberale begrüßten die Übereinkunft, Linke und Grüne im EU-Parlament erklärten, dem Finanzplan nicht zustimmen zu wollen.

Bereits am Donnerstag schien ein Kompromiss zwischen Rat und Parlament gefunden zu sein. Doch dann kamen Einwände aus Großbritannien, das einen Abschlag auf seine Zahlungen an die Union bekommt, weil es vergleichsweise wenig Mittel aus den EU-Agrartöpfen erhält. 2011 belief sich dieser »Briten-Rabatt« auf 3,6 Milliarden Euro. Mit der jetzigen Einigung soll London 200 Millionen Euro mehr an Nachlässen bekommen. Finanziert wird der zusätzliche Rabatt durch höhere Beiträge der anderen Mitgliedsstaaten.

Damit steht der europäische Finanzrahmen von 2014 bis 2020 in Höhe von 997 Milliarden Euro. »Das ist ein wichtiger Schritt für die Planbarkeit unserer Ausgaben, für die Möglichkeit, für Wachstum und Beschäftigung wirklich etwas zu tun«, begrüßte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Einigung. »Ein Abkommen über das EU-Budget bedeutet, dass den europäischen Bürgern versprochene Gelder zukommen werden. Einen Dank an die Verhandler«, stimmte der sozialdemokratische Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, auf dem Kurznachrichtendienst Twitter mit ein. Zuvor hatte das Parlament noch erreicht, dass nicht ausgegebene Mittel in das Budget des nächsten Jahres überführt werden dürfen.

Teil des Budgets sind auch sechs Milliarden Euro zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Diese sollen bereits in den kommenden zwei Jahren zur Verfügung stehen. Frühere Planungen sahen vor, den Betrag bis 2020 zu strecken. Über 5,6 Millionen Menschen unter 25 Jahren sind in Europa arbeitslos. Besonders dramatisch ist die Lage in Griechenland und Spanien mit einer Jugendarbeitslosenquote von 62,5 beziehungsweise 56,4 Prozent. In der gesamten Eurozone beträgt sie 24,4 Prozent.

Angesichts des Ausmaßes des Problems sind die sechs Milliarden Euro aus sozialdemokratischer Sicht viel zu wenig. »Ich finde das eine große Schande, was wir gerade in Europa in der Politik erleben«, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Freitag im ZDF-»Morgenmagazin«. Die bereitgestellten Mittel für arbeitslose Jugendliche seien »eine homöopathische Dosis gegenüber den 1,2 Billionen Euro, die bislang für die Rettung von Banken ausgegeben worden seien.«

Ähnlich sieht es die Ko-Vorsitzende der Grünen im Europaparlament, Rebecca Harms: »Mit diesem Haushalt kann die EU keinen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Rezession und der wachsenden Massenarbeitslosigkeit in der EU leisten.« Denn die von den Regierungen geforderten Kürzungen von 85 Milliarden Euro blieben im jetzigen Budget bestehen. Ihr Kollege Daniel Cohn-Bendit kündigte an, dass die Grünen dem mittelfristigen Haushaltsplan nicht zustimmen werden.

Auch die Linksfraktion GUE/NGL will dem Finanzplan ihre Zustimmung verweigern. »Die Verhandlungsführer des Europäischen Parlaments sind eingeknickt«, griff die Europaparlamentarierin Cornelia Ernst den Kompromiss an. Zwar gebe es nun etwas mehr Flexibilität im Budget, aber die Strukturfonds seien nach wie vor zu gering. So seien die Fördermittel um 8,4 Prozent gekürzt worden.

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