Union will weiter Daten speichern

Verwirrung um die Vorratsdatenspeicherung

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Rücken CDU/CSU von der Vorratsdatenspeicherung ab? Medienberichte vermeldeten dies, die Union dementierte die Gerüchte umgehend. Stattdessen gab es längst eine sprachliche Anpassung des umstrittenen Begriffs.

Für kurze Zeit lauschte die Netzgemeinde gestern Vormittag auf. »Union rückt von Vorratsdatenspeicherung ab« titelten etwa »Spiegel Online« und »Die Welt« gleichlautend. Als Beleg für den »Kurswechsel« führten beide Medien das Wahlprogramm der Union an. Anstatt von Vorratsdatenspeicherung sei aufgrund der NSA-Enthüllungen nun von Mindestspeicherfristen die Rede. »In letzter Minute« sei das Wahlprogramm vor knapp zwei Wochen als Reaktion auf die Enthüllungen um das amerikanische Spähprogramm PRISM geändert worden, behauptete »Spiegel Online«. Allein an dieser Version der Geschichte bestehen Zweifel. So enthält ein bereits am 18. Juni veröffentlichter Entwurf des Wahlprogramms wortgleich jene fünf entscheidenden Sätze, die doch angeblich kurzfristig geändert worden wären.

Im Originalbeitrag heißt es zudem, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sei durch die Entscheidung »düpiert« worden, ist er doch ein Befürworter der Vorratsdatenspeicherung. Allein der Innenminister war es, der die offizielle neue Sprachregelung bereits kurz nach seinen Amtsantritt auf dem 23. Bundeskongress der Deutschen Polizeigewerkschaft im April 2011 ins Gespräch brachte. »Dieser Begriff ist besser, denn bei Vorratsdatenspeicherung wird man merkwürdig angeschaut«, sagte Friedrich damals über die Mindestdatenspeicherung.

Womit klar wird, dass es sich bei beiden Begriffen um die gleiche Angelegenheit handelt und die Union mitnichten von ihrer Forderung einer anlasslosen Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten abrückt. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bestätigte, dass die Union schon länger auf den Begriff Vorratsdatenspeicherung verzichte. Im Koalitionsvertrag von 2009 findet sich der Begriff mit Verweis auf das damals noch ausstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichts allerdings noch. Wahrscheinlich waren der Richterspruch ein Jahr später und die massiven Proteste der Bevölkerung die Gründe, weshalb aus strategischen Gründen der Begriff allmählich aus dem Unionswortschatz verschwand.

Der aktuelle Sprachgebrauch würde zur geltenden EU-Datenschutzrichtlinie passen, ist darin doch von einer Mindestspeicherfrist von sechs Monaten für Telekommunikationsdaten die Rede. Im Zuge der Überwachungsskandale fordern SPD, Grüne und LINKE deutliche Korrekturen an der Richtlinie. Die Sozialdemokraten sollten vorsichtig sein. Ihr Wahlprogramm enthält keine klare Absage an die Vorratsdatenspeicherung. Kommentar Seite 4

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