Weniger Yuan für mehr Umwelt

Chinas Notenbank will mit Geldverknappung das Wirtschaftswachstum nachhaltiger machen

  • Werner Birnstiel
  • Lesedauer: 3 Min.
Während man in Europa auf mehr Wachstum hofft, verknappt man in China die Kreditvergabe. Denn in Peking will man lieber Strukturwandel als ungezügeltes Wachstum.

Chinas sozialistische Marktwirtschaft funktioniert eigenständiger, als es die westlichen Finanzhauptstädte vermuten. Denn dort wird seit Ende Juni kräftig spekuliert, ob eine »Liquiditätsklemme« der Bank of China existiert und international eine weitere Finanzkrise auslösen könnte. Tatsächlich gibt es derzeit Veränderungen in der Geldpolitik Chinas, die langfristig und tiefgreifend wirken werden. Hintergrund des Vorgehens der neuen Regierung Li Keqiang ist, dass Chinas Wirtschaft inzwischen ein Niveau erreicht hat, das ein stärkeres qualitatives Wachstum dringend verlangt.

Siebeneinhalb Prozent Wirtschaftswachstum werden deshalb offiziell für 2013 anvisiert. Die Jahre des zweistelligen Wachstums sind Geschichte. Diese Entwicklung war seit 2009 durch eine stark ausgeweitete Kreditvergabe im Inland befördert worden, um durch ein Konjunkturprogramm in Höhe von rund 458 Milliarden Euro die Auswirkungen der Staatsschulden- und Finanzkrise in den USA, in Westeuropa und Japan seit 2008 für China beherrschbar zu halten.

Die Straffung der Geldpolitik war also überfällig und die Bank of China geht nun dazu über, die Kreditvergabe flexibel zu handhaben. Daraufhin stiegen in den letzten Wochen die Zinssätze an, zu denen sich die Banken gegenseitig Geld leihen. Das Reich der Mitte blieb auch durch die konjunkturstützenden Maßnahmen der Vorjahre 2012 sogenannter Exportweltmeister, erreichte ein Ausfuhrvolumen von 2,1 Billionen US-Dollar und könnte 2013 die USA als größte Handelsnation der Welt ablösen.

Problematisch bleibt aber, dass die alte, innenpolitisch dominierte Orientierung der Provinzen auf »Wachstum« um jeden Preis und die Kreditvergabe durch die Großbanken die Geldschwemme begünstigte. Es wuchs zudem der »graue Kapitalmarkt«, die in China uralte Tradition des Geldverleihs zu Wucherzinsen. Das nun zurückzuschrauben verlangt, politische Rahmensetzungen konsequent durchzusetzen. Denn Fehlinvestitionen und Überkapazitäten beispielsweise in der Stahlerzeugung, in der Bauindustrie einschließlich des Immobiliensektors, in der Autoproduktion und im Maschinenbau müssen abgebaut werden.

Bei gedrosselter Kreditvergabe geht es deshalb darum, den Druck hin zum Strukturwandel zu verstärken und dabei ein Reformtempo einzuhalten, mit dem diese Veränderungen durchgehalten werden können. Dementsprechend werden »neue strategische Industrien« aufgebaut. Sie betreffen vor allem die Energieeinsparung, den Umweltschutz, neue Informationstechnologien, Biotechnologie, hochwertige Industrieausrüstungen, neue Energiearten, alternative Kfz-Antriebstechniken sowie neue Materialien.

Die Kunst wird für Peking nun darin bestehen, bis zum Ende des zwölften Fünfjahresprogramms 2015 in diesem Prozess die Finanzierungszugänge für private kleine und mittelgroße innovative Firmen so zu erleichtern, dass deren Wettbewerbsfähigkeit im Verhältnis zu den bisher bevorzugten Großunternehmen spürbar gestärkt wird. Der 18. Parteitag der KP Chinas hatte im November 2012 diese Linie vorgegeben, nun geht es um deren schrittweise Umsetzung.

Die Reform des Finanzsektors ist daher eines der wichtigsten Ziele des laufenden Fünfjahresprogramms, bei dem die Regierung aber handlungsfähig bleiben wird. Denn Chinas Zentralbank unterliegt den Weisungen der Regierung, es drücken keine Auslandsschulden und Verflechtungen mit den internationalen Kapitalmärkten sind so angelegt, dass Spekulanten die Geldpolitik Chinas praktisch nicht beeinflussen können.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal