CRIM gegen die Mafia

  • Sandro Mattioli
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Europaparlament hat das Thema Mafia für so wichtig erachtet, dass es den Sonderausschuss für organisiertes Verbrechen, Geldwäsche und Korruption eingerichtet hat. Dieser Sonderausschuss, CRIM genannt, sollte herausfinden, wie sich die Organisierte Kriminalität (OK) in Europa besser bekämpfen lässt. Die Europarlamentarier haben in ihrem Bericht etwa detailliert die Betätigungsfelder der OK in Europa aufgelistet. Neben den üblichen Geschäftsfeldern wie Waffen, Drogen und Prostitution hat die CRIM Kriminelle auch in neueren Gewerben entdeckt: dem Organhandel etwa oder im Kunstmarkt.

Die Parlamentarier haben ihren Bericht mit imposanten Zahlen versehen. Sie schreiben, dass die OK den legal arbeitenden Unternehmen pro Jahr Kosten von 670 Milliarden Euro aufbürdet. Sie legen auch den Finger in manche Wunde, die andere lieber nicht erwähnen - dass die Organisierte Kriminalität auch deshalb floriert, weil manche Politiker sich bestechen lassen oder von der Mafia ins Amt gebracht werden, wie es in Italien häufiger der Fall ist.

2007 hatte ein Clan der ’Ndrangheta, die Vereinigung der kalabrischen Mafia, in Duisburg sechs Mitglieder eines feindlichen Clans hingerichtet. Danach ist es schnell wieder ruhig um die Mafia in Deutschland geworden. Doch sie ist immer noch da. In den vergangenen Monaten gab es drei Mafiamorde in der Nähe von Mannheim.

Die Abgeordneten haben sich in den Mitgliedsländern informiert. Doch kaum jemand hat bisher etwas von der sehr guten Arbeit des Ausschusses mitbekommen. Das Interesse der Medien war gering; es bleibt zu hoffen, dass der Abschlussbericht dem Thema etwas Prominenz verschafft. Nächste Woche wird er offiziell vorgestellt.

Spannend wird, was danach passiert. Der Ausschuss macht bedenkenswerte Vorschläge, wie man die Mafiagruppen besser bekämpfen könnte. Dazu gehören neue und einheitliche juristische Standards, etwa in der Frage, was überhaupt organisierte Kriminalität ist, oder ein europaweit entschiedeneres Vorgehen gegen Geldwäsche - hier besteht auch in Deutschland Nachholbedarf. So wird es quasi nie angezeigt, wenn aus anonymen Konten in der Schweiz Geld auf Spielgeld-Konten im Casino eingeht. Die Kontrollen sind lasch.

Zu fragen ist auch, warum die Mitgliedsstaaten selbst die vorhandenen Europäischen Instrumente nicht in geltendes Recht überführt haben. Man kommt immer wieder zu dem Schluss: Offensichtlich hat der Kampf gegen die Organisierte Kriminalität nicht höchste Priorität. Die CRIM fordert daher eine europäische Ermittlungsanordnung und eine europäische Staatsanwaltschaft, um die Zusammenarbeit zu verbessern.

Die Beschlagnahme von Gütern ist in einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt. Deshalb investieren italienische Mafiaclans gerne in Deutschland. Hier müssen die Ermittler nachweisen, dass Geld aus kriminellen Quellen kommt, bevor sie beschlagnahmen können. In Italien liegt die Beweispflicht bei der anderen Seite.

Wenn es dem Ausschuss gelänge, dem Thema mehr Dringlichkeit zu verschaffen, wäre schon viel gewonnen. Denn die Mafia prosperiert dort, wo die Gleichgültigkeit sie prosperieren lässt. Das ist in Italien nicht anders als hierzulande, wo etwa mit der HSH Nordbank eine Landesbank Millionen in dubiose Windparks investiert, ohne zu fragen, wer davon profitiert. Sonst wäre sie schnell auf den Namen Arena gekommen - einer der mächtigsten Clans der ›Ndrangheta.

Gespräch mit der Europa-Abgeordneten Barbara Weiler (SPD) über den CRIM-Ausschuss am 18. 10., 20 Uhr, Alte Feuerwache, Axel-Springer-Straße 40-41, Berlin-Kreuzberg.

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