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Per Police an den Rand gedrängt

Freiberufliche Hebammen kämpfen weiter für eine Besserstellung

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Während Hebammen mit weiter steigenden Haftpflichtprämien rechnen müssen, bleiben Lösungsvorschläge auf der Strecke.

Zum 1. Juli 2013 wurde die berufliche Haftpflichtversicherung der Mitglieder des Bundes freiberuflicher Hebammen Deutschlands (BfHD) zehn Prozent teurer, sie kostet seither 4480 Euro im Jahr. Auch die Mitglieder des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) müssen 2014 mit einer Steigerung im zweistelligen Prozentbereich rechnen. Ebenfalls im Sommer hat die Vorarlberger Landes-Versicherung rund 400 freiberuflichen Hebammen ihre vergleichsweise günstigen Verträge gekündigt.

Die überhöhte Haftpflichtversicherung der Hebammen gehört zu den auch in dieser Legislaturperiode nicht gelösten Problemen. Dabei läuft die Debatte schon fast eine Dekade. Im Jahr 2012 musste eine Hebamme über einen Monat allein für ihren Haftpflichtbeitrag arbeiten. Immer mehr der Geburtshelferinnen ziehen sich daher aus ihrem beruflichen Kernbereich zurück und bieten nur noch Schwangerschaftsvorsorge und Wochenbett-Betreuung an. Die Versorgung mit Hebammenleistungen wird dadurch schwieriger. Der Abschlussbericht einer interministeriellen Arbeitsgruppe, die mit den Berufsverbänden berät, wird erst für den Herbst erwartet.

Für 2011 wurde errechnet, dass etwa in den Landkreisen Uecker-Randow und Wittenberg eine freiberufliche Hebamme auf 2000 oder mehr Frauen zwischen 15 und 39 Jahren kommt. Gut versorgt waren hingegen nur einige westdeutsche Landkreise wie Tübingen, das Hochsauerland oder Göttingen. Der DHV zählt zur Zeit 18 250 Mitgliedsfrauen. Von ihnen sind 13 400 freiberuflich tätig, 8791 ausschließlich freiberuflich. Zahlreiche Hebammen bieten neben einer Festanstellung etwa in einem Krankenhaus zusätzlich Leistungen freiberuflich an. Insgesamt gibt es über 20 000 Hebammen in Deutschland.

In bisherigen Vergütungsverhandlungen der Berufsverbände mit den gesetzlichen Krankenkassen sollte zwar seit über einem Jahr die Haftpflicht berücksichtigt werden. Aber erst nach einem Schiedsentscheid wurden die Vergütungen zum 1. Januar 2013 um zwölf Prozent angehoben und weitere fünf Prozent in Aussicht gestellt. Dies bezieht sich auf die Geburtshilfe. Leistungen zum Wochenbett werden jetzt mit drei Prozent mehr vergütet. Dem Hebammen-Verband genügt das nicht - die Frauen sehen die freie Wahl des Geburtsortes gefährdet.

Für Personenschäden in Krankenhäusern gibt es pauschale Haftpflichtversicherungen für die ganze Klinik. Die Zahl der Anbieter solcher Policen für Hebammen hat sich zuletzt auf zwei verringert. Die Versicherer haben massiv die Prämien erhöht: Lag sie 1981 noch bei umgerechnet 30 Euro, waren es 2005 schon 1352 Euro. Der überproportionale Anstieg ist der Bundesregierung bekannt. Dennoch tut sie sich schwer, an neuen Lösungen mitzuwirken. Die Grünen haben aus öffentlichen Geldern unterstützte Versicherungspools oder eine krankenhauseigene Versicherung vorgeschlagen.

Der DHV sieht einen Teil des Problems in der 30-jährigen Haftung und den damit verbundenen Regressforderungen der Sozialversicherungsträger. Vorgeschlagen werden eine Haftungsobergrenze, ein Fonds für besondere Fälle, ein Kontrahierungszwang für Versicherungsgesellschaften und die Verkürzung der Haftungsdauer auf zehn Jahre.

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