Gauck bestellt Parteivorsitzende ins Schloss ein

Vier-Augen-Gespräche über drohenden Stillstand nach der Wahl / Gröhe: CDU hat keine Angst vor Neuwahlen / Maas warnt SPD: Von uns wird Lösung erwartet

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin (Agenturen/nd). Bundespräsident Joachim Gauck hat die Vorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien einem Zeitungsbericht zufolge für die nächsten Tage zu Gesprächen ins Schloss Bellevue eingeladen. Dies habe das Präsidialamt am Sonntag auf Anfrage bestätigt, schreibt die »Süddeutsche Zeitung«. Demnach handelt es sich bei den Vier-Augen-Gesprächen nicht um einen ungewöhnlichen Vorgang, so etwas geschehe hin und wieder, auch nach Wahlen.

Laut dem Bericht will der Bundespräsident in den Gesprächen in Erfahrung bringen, wie die Parteivorsitzenden die Lage einschätzen und was sie tun wollen, um, wie es in Meldungen heißt, »einen Stillstand zu verhindern«. Angesichts der zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Koalitionsbildung war zuletzt auch spekuliert worden, ob es zu einer Minderheitsregierung der Union oder zu Neuwahlen kommen könnte. Spätestens dann wäre auch der Bundespräsident gefragt.


Derweil hat CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe erklärt, das Wahlergebnis weise der Union einen klaren Führungsanspruch zu. »Neuwahlen herbeizuführen, ist bei uns aus gutem Grund nicht einfach. Wir müssten freilich keine Angst vor ihnen haben.« Der Politiker kündigte zudem gegenüber der »Saarbrücker Zeitung« an, die Union wolle »faire Gespräche. Nach manchem lauten Ton aus der SPD-Führung gegen eine große Koalition müssen wir aber erst ausloten, wie ernst es den Sozialdemokraten ist«.

Sollten Union und SPD danach in Koalitionsverhandlungen eintreten, »muss dabei ein für alle Seiten tragbares Gesamtpaket herauskommen. Dieses muss aber natürlich auch die Stärke unseres Wahlergebnisses widerspiegeln«, betonte Gröhe. Er gehe davon aus, dass die SPD-Führung für das Ergebnis solcher Verhandlungen »auch bei ihren Mitgliedern kämpfen wird«.

Für Sondierungsgespräche mit der Union hatte ein Parteikonvent der SPD am Freitagabend den Weg freigemacht. Ein weiterer Konvent soll danach über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Über einen möglichen Koalitionsvertrag sollen die SPD-Mitglieder befinden, doch ein Bündnis mit der Union ist bei den Sozialdemokraten stark umstritten.

Der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas warnte die Sozialdemokraten davor, es auf Neuwahlen ankommen zu lassen. In einem solchen Fall, »könnte es sich die SPD sparen, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen«, sagte Maas der »Saarbrücker Zeitung«. Dann könne er »nur noch gute Besserung wünschen.« Maas sagte angesichts der unklaren Mehrheit im Bundestag: »Von uns wird erwartet, dass wir eine Lösung finden.«

Zugleich ermunterte der SPD-Politiker seine Partei zu Gesprächen mit der Union. Das Beispiel der großen Koalition von 2005 bis 2009 müsse sich nicht wiederholen. »Es gibt keinen Automatismus, dass, was einmal schlecht läuft, immer schlecht läuft für uns.« Im Saarland zeige sich, dass »man als SPD auch in einer großen Koalition wachsen kann«.

Zu den bevorstehenden Koalitionsgesprächen sagte Maas, die SPD-Spitze müsse Ergebnisse erreichen, für die sie bei der Mitgliedschaft werben und Zustimmung erwarten könne. »Erst dann darf man eine Befragung ansetzen.« Ein Nein der Mitglieder zu einem fertigen Vertrag wäre ,,konsequentes Harakiri», sagte Maas.

Auch Karl-Josef Laumann, Chef der CDU-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, erinnerte die SPD an ihre Verantwortung. «Die Deutschen würden den Sozialdemokraten ein Scheitern der Gespräche übelnehmen», sagte Laumann den «Ruhr Nachrichten». «Sich hinstellen und immer nur Nein sagen geht jedenfalls nicht.» Sachsens CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich sagte der «Welt», die SPD sollte «etwas demütig sein, wenn sie ihr Wahlergebnis betrachtet».

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