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Kritische Denkanregungen

Wolfgang Schwarz über eine neue linke Medienpartnerschaft

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: »neues deutschland« und »Das Blättchen« wollen eine Medienpartnerschaft eingehen. Wann ist Hochzeit und was versprechen Sie sich von dieser Ehe?
Schwarz: Wir sind schon in den Flitterwochen, wie man zum Beispiel auf unserer Website - www.das-blaettchen.de - unschwer erkennen kann. Wir versprechen uns von dieser Kooperation, zunächst mit werblichen Mitteln einen größeren Rezipientenkreis auf das Angebot kritischer linker Denkanregungen im jeweils anderen Medium aufmerksam zu machen. Möglich sind auch der Austausch von Beiträgen, gemeinsame Veranstaltungen und ähnliches mehr.

»Das Blättchen« knüpft an eine große Tradition an - an die »Weltbühne« von Jacobsohn, Tucholsky und Ossietzky. Ist das berühmte Vorbild nicht eher Last als Lust? Die Messlatte ist hoch gesetzt.
Die Messlatte kann ruhig hoch liegen, man darf dann nur nicht ständig darunter durchlaufen. Für das Niveau ist letztlich die Akzeptanz durch die Leser eines der entscheidenden Indizien. Wir haben mit der Onlineausgabe 2010 angefangen. Mitte 2011 hatten wir knapp 90 000 Seitenklicks, aktuell sind es über 210 000 - pro Halbjahr, wohlgemerkt. Die Richtung, in der wir unterwegs sind, scheint also zu stimmen.

Sieht sich »Das Blättchen« auch in der Tradition der in der DDR noch unter dem Titel »Weltbühne« fortgeführten Publikation? Ihre Autoren, darunter viele, die auch im »nd« schreiben, rekrutieren sich wohl vornehmlich aus Ostdeutschen?
Unsere Autorenschaft hat sich mit den Jahren zu einem guten Mix aus beiden deutschen Himmelsrichtungen entwickelt. Zur Tradition: Ich kenne »Die Weltbühne«, die nach Verbot durch die Nazis und mehrjähriger Existenz im Exil 1946 in Ost-Berlin neu gegründet worden war, als Leser seit meiner Studentenzeit Anfang der 1970er Jahre, später auch als Autor. Ja, wir stellen uns ebenfalls in diese Tradition - ohne ostalgische Verklärung. Fortgeführt wurde »Die Weltbühne« übrigens noch über die deutsche Vereinigung hinaus - bis 1993 die Verwendung des Titels aufgrund der Restitution der Namensrechte nicht mehr möglich war. Als Nachfolger erblickte dann 1997 »Das Blättchen« das Licht der Welt, vor allem dank des Engagements von Jörn Schütrumpf, und im Folgejahr »Ossietzky«. »Das Blättchen« war übrigens des Gründers Siegfried Jacobsohn liebevoller interner Diminutiv für die »Weltbühne«.

Wie steht es um das Verhältnis zu Ihrem Schwesterblatt »Ossietzky«? Gibt es da Geschwisterliebe oder eher Eifersüchtelei?
Wir verfolgen die Arbeit der Kollegen mit Interesse und Respekt. In der Themenspreizung und in der Herangehensweise haben beide Blätter meines Erachtens aber eine recht unterschiedliche Handschrift, was man unter dem Strich ja als Bereicherung des linken Medienspektrums in diesem Lande interpretieren könnte.

Gibt es für Zeitschriften wie die Ihre noch einen Markt? Sind solche Publikationen überhaupt noch zeitgemäß?
Dem Markt haben wir uns vorsätzlich entzogen, nachdem unsere Printausgabe 2009 aus wirtschaftlichen Gründen in die Knie gegangen war. Wir gingen online, worum sich insbesondere Wolfgang Sabath verdient gemacht hat. »Das Blättchen« steht heute im Internet komplett kostenfrei zur Verfügung. Die dort auch zu findenden Angebote für Abos tragen Solidaritätscharakter. Sie zielen allein darauf, die Kosten zu decken, die auch ein nicht-kommerzielles Projekt hat - selbst wenn, wie bei uns, Autoren und Redaktion ehrenamtlich arbeiten. Was Zeitgemäßheit anbetrifft, so ist auch diese Frage durch den Leserzuspruch beantwortet.

Wird es eines Tages wieder eine Printausgabe geben?
Um den Erfolg des Onlineprojektes nicht zu gefährden, folgen wir ausnahmsweise einem erzkonservativen Motto: »Keine Experimente!« Wir werden in den Printbereich erst dann zurückkehren, wenn uns ein Vermächtnis, eine Dotation oder ähnliches die Basiskosten für wenigstens fünf Jahre sichert.

Fragen: Karlen Vesper

Foto: privat

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