Kündigung aus Südafrika

Investitionsschutzabkommen mit Deutschland hat ausgedient

  • Armin Osmanovic, Johannesburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Südafrika bereitet derzeit ein Investitionsschutzgesetz vor und verabschiedet sich von bilateralen Verträgen.

Die südafrikanische Regierung hat in der vergangenen Woche dem Auswärtigen Amt die einseitige Kündigung des bilateralen Investitionsschutzabkommens mit Deutschland aus dem Jahr 1995 überreicht. Die deutsche Botschaft in Pretoria bedauerte den Schritt. Und der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, sprach von einem falschen Signal: »Die Entscheidung wird zum Bumerang, wenn wichtige neue Investitionen ausländischer Unternehmen angesichts des entstandenen Vertrauensvakuums unterbleiben - mit möglichen negativen Auswirkungen auf die gesamte Region.«

Zunächst ändert sich aber nichts. Die Kündigung des Abkommens tritt erst nach zwölf Monaten in Kraft. Für alle Altinvestitionen gelten zudem die Vertragsbedingungen noch 20 Jahre lang. Vor dem Abkommen mit Deutschland hatte Südafrika schon die Verträge mit Luxemburg, Spanien und Belgien gekündigt.

Der Schritt war erwartet worden. Dennoch war man in EU-Kreisen überrascht, da man gehofft hatte, dass keine weiteren Abkommen mehr gekündigt werden, bis das neue Investitionsschutzgesetz verabschiedet ist. Die Regierung möchte eine einheitliche Regelung an die Stelle der bilateralen Abkommen setzen. Vergangene Woche hatte das Kabinett das neue »Gesetz zur Förderung und zum Schutz von Investitionen« gebilligt. Die genauen Details sind bislang jedoch noch nicht bekannt.

Die deutsche Regierung wollte an dem alten Abkommen gerne festhalten. Sie sieht in dem Vertrag das solide Fundament für den weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen. Seit dem Ende der Apartheid 1994 zählt Deutschland zu den wichtigsten Handelspartnern und die mehr als 700 deutschen Unternehmen in Südafrika sind mit einem Investitionsbestand von über sechs Milliarden Euro wichtige Arbeitgeber in dem von hoher Arbeitslosigkeit geplagten Land. Die deutschen Firmen sind in allen wichtigen Branchen von der Automobilindustrie über Petrochemie und Maschinenbau bis hin zur Medizintechnik aktiv. Zu den größten Unternehmen in Südafrika gehören VW, Daimler, BMW, BASF und Siemens.

Für Matthias Boddenberg von der deutsch-südafrikanischen Handelskammer war das Abkommen besonders für kleinere und mittlere Unternehmen bedeutsam, die den Großteil der deutschen Unternehmen am Kap ausmachen. Mit der Kündigung könnte nun das wichtige Investorenvertrauen verloren gehen.

Die bilateralen Investitionsschutzabkommen wurden zumeist mit europäischen Ländern und vor Inkrafttreten der südafrikanischen Verfassung im Jahr 1996 geschlossen. Sie sollten damals für Investitionssicherheit sorgen und neue ausländischen Kapitalgeber ins Land locken. Fast 20 Jahre später sieht die Regierung offenbar keinen Anlass mehr für solche besonderen Vereinbarungen.

Südafrika bereitet derzeit auch eine neue Gesetzgebung für den wichtigen Bergbausektor und die Energiebranche vor. Eine stärkere Beteiligung des Staates an den Einnahmen aus der Rohstoffförderung sind das erklärte Ziel. Die alten bilateralen Investitionsschutzabkommen könnten, so glauben einige Rechtsexperten, diesen Plänen im Wege stehen.

Südafrikas Handelsminister Rob Davies zeigt sich hingegen überzeugt, dass auch in Zukunft die fundamentalen Rechte ausländischer Investoren in seinem Land gewahrt bleiben, und gibt sich gelassen. Nach seiner Überzeugung besteht keine Korrelation zwischen bilateralen Abkommen und Investitionsströmen. Mit Ländern wie den Vereinigten Staaten oder Japan bestünden derartige Abkommen nicht, dennoch entwickelten sich die Investitionen sehr gut. »Uns geht es,« so der Minister, »um eine Modernisierung unserer Gesetzgebung. Die alten Verträge haben ihren Zweck erfüllt. Jetzt können wir sie auslaufen lassen.«

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