Google will Daten für sich

Internetkonzerne bangen um ihr Geschäftsmodell und fordern Schutz vor der NSA

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Große Internetkonzerne machen viel Geld mit den Daten ihrer Kunden. Die Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA stellen für sie ein Ärgernis dar.

Die beiden Internetfirmen Google und Yahoo fürchten um ihr Geschäftsmodell, das die sichere Datenübermittlung und Speicherung in sogenannten »Clouds« verspricht. Denn die Datenbestände der beiden Internetkonzerne in solchen für den Nutzer über das Internet erreichbaren Datenspeichern werden illegal vom US-amerikanischen Geheimdienst NSA angezapft, mitgelesen und ausgewertet, wie die »Washington Post« Mitte dieser Woche unter Verweis auf Dokumente von »Whistleblower« Edward Snowden enthüllte. Google und Yahoo betonten in ihren Reaktionen, die NSA habe keine Erlaubnis, auf die Server in ihren weltweit betriebenen, gigantischen Rechenzentren zuzugreifen.

Die Geschäftsmodelle der beiden Giganten aus dem Silicon Valley stehen seit dieser Enthüllung auf dem Prüfstand, weil die NSA offenbar nicht irgendwo im weltweiten Netz E-Mails und andere Kommunikationsdaten zwischen einzelnen Personen abgreift, sondern direkt »an der Quelle«. Millionen US-Bürger und Menschen in aller Welt nutzen E-Mail-Dienste wie Gmail oder Google docs, die das Auslagern persönlicher Daten in »Clouds« anbieten und als sichere Plattformen sowohl für den privaten wie auch den kommerziellen User angepriesen werden.

»Wir sind empört darüber, wie weit die Regierung gegangen ist, indem sie Daten aus unseren vertraulichen Glasfaser-Netzwerken abgegriffen hat. Das unterstreicht, wie dringend notwendig eine Reform ist«, erklärte Googles Chefjurist David Drummond. Yahoo reagierte ebenfalls besorgt: »Wir haben scharfe Kontrollen eingerichtet, um die Sicherheit unserer Datenzentren zu schützen. Und wir haben weder der NSA noch einer anderen Regierungsbehörde Zugang gegeben«, sagte ein Yahoo-Sprecher.

Die NSA hat für die Ausforschung von Google und Yahoo laut dem Zeitungsartikel ein eigenes Programm mit der Bezeichnung »Muscular« entwickelt. Es dringt in das durch Glasfasertechnik eigentlich als abhörsicher geltende Netz von Servern der Internetanbieter in mehreren Ländern ein. 2012 wurden mehr als 180 Millionen Datensätze ausspioniert und in das Hauptquartier der NSA in Fort Meade (US-Bundesstaat Maryland) gesandt. Bei dem Projekt arbeitet sie mit dem britischen Lauschzentrum Government Communications Headquarters zusammen.

Die NSA hat angeblich die Genehmigung des Sondergerichts »Foreign Intelligence Surveillance Court« in Washington für die Aktion. Google und andere Technologiekonzerne haben ihrerseits bei diesem Gericht die Genehmigung beantragt, die Dokumente zu veröffentlichen, um klar zu machen, dass sie nicht freiwillig der NSA zuarbeiten. Deren Chef General Keith Alexander dementierte den Bericht der »Washington Post«. Die NSA breche nicht in Datenbanken ein und habe keinen Zugang zu den Servern von Google oder Yahoo.

Diese trauen den Dementis nicht: Google, Yahoo, Facebook, Apple, Microsoft und AOL fordern nun in einem Brief an Kongressabgeordnete mehr Transparenz über die Überwachungsprogramme der NSA sowie »substanzielle Verbesserungen zum Schutz der Privatsphäre und angemessene Mechanismen zur Aufsicht und Nachvollziehbarkeit dieser Programme«. Der Vorstoß könnte der Diskussion in den USA neuen Schwung verleihen, hoffen NSA-Kritiker. »Ich nehme an, dass Google bald ein Schlüsselelement im Kampf gegen die Spionage der NSA sein wird«, schrieb der Sicherheitsexperte Jacob Appelbaum bei Twitter.

Indes weist auch die deutsche IT-Branche auf Probleme hin: »Privatverbraucher und insbesondere mittelständische Unternehmen e-mailen weniger und nutzen Cloud-Services nicht mehr in dem Maße, das wir uns wünschen würden«, sagte Bernhard Rohleder vom Branchenverband Bitkom dem rbb-Inforadio. Im Sicherheitsbereich rechne die hiesige IT-Industrie dagegen mit Zuwächsen.

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