Die Zukunft der Akten

Tom Strohschneider über die Pläne der Großen Koalition zur Stasiunterlagen-Behörde

  • Lesedauer: 2 Min.

Union und SPD werden sich auf die Einsetzung einer Kommission einigen, die über die Zukunft der Jahn-Behörde befinden soll. Über den Wert solcher Ankündigungen ist man längst belehrt: Nicht nur hatten Union und FDP vor vier Jahren dasselbe versprochen; es hat eine solche Kommission bereits gegeben.

Schon 2006 hatten Experten auf eine »Neuausrichtung« des Aktenamtes gedrängt. Dabei sollten keineswegs der Aufarbeitung der DDR-Geschichte Steine in den Weg gelegt werden. Im Gegenteil: Der kritische Blick zurück sollte befreit werden aus einer sich selbst genügenden Mechanik, welche die DDR auf Stasi und die Biografien von Menschen auf übrig gebliebene Akten des MfS reduzierte.

Dass das Mielke-Ministerium noch 24 Jahre nach der Wende als Beweisträger für rechtsstaatliche »Regelüberprüfungen« dient - und weiter dienen soll -, glaubten 1991 selbst jene nicht, die das Akten-Gesetz bejahten. »Niemand wird auf die Idee kommen«, so damals CSU-Staatssekretär Eduard Lintner, »dass diese Schnüffelakten immer nur die Wahrheit enthalten.« Er irrte, so wie noch immer nicht gilt, dass »diejenigen, die individuelle Schuld auf sich geladen haben«, nicht auf Dauer ausgegrenzt werden dürften.

Wolfgang Thierse hat es als »weder politisch noch menschlich angemessen« bezeichnet, wenn die Überprüfungen auf MfS-Mitarbeit nach 2019 fortgesetzt würden. Genau das will die Union. Ihr künftiger Partner wird an den Worten eines früheren Bundestagsvize zu messen sein.

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