278 Tonnen Munition gefunden und beseitigt
Wünsdorfer Bergungsdienst zog Bilanz 1999 Von Rainer Funke
Auf einer Fläche von etwa 180 000 Hektar ist das Land Brandenburg derzeit noch munitionsverseucht. Deshalb rechnen Fachleute damit, dass es noch Jahrzehnte dauern wird, bis die Mark vollständig beräumt ist. Derzeit gibt das Land zu diesem Zwecke jährlich rund 32 Millionen Mark aus, wie Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) gestern vor der Presse in der Waldstadt Wünsdorf (Teltow-Fläming) sagte, als er die Jahresbilanz 1999 des hier beheimateten Munitionsbergungsdienstes vorstellte.
In dem einen Jahr wurden allein 278 Tonnen Munition und 114 Tonnen Munitionsschrott gefunden, entschärft, abtransportiert, gesprengt oder auf andere Weise beseitigt. Darunter befanden sich 5016 Sprengbomben, 717 Brandbomben, 1281 Minen, 89 285 Granaten, 2184 Raketen und 5377 Nahkampfmittel wie Handgranaten, Panzerfäuste und dergleichen mehr. Zu den Hauptfundorten gehören nach wie vor Potsdam, Oranienburg, Brandenburg/Havel und Neuruppin. Auch an Oderdeichen fanden sich erhebliche Mengen von Sprengkörpern. 290 Hektar Uferflächen wurden seit der Oderflut gleichlaufend mit der Sanierung von Munition befreit. Im gesamten Bundesland war es voriges Jahr eine Fläche von 857 Hektar.
Aufgrund der kaum überschaubaren Ausmaße von Verdachtsflächen müsse man nach Schwerpunkten vorgehen, sagte der Chef des brandenburgischen Munitionsbergungsdienstes, Paul Koch. Voraussetzung dafür sind Gefährdungsund Belastungsanalysen. Sie fußen vor allem auf den 16 500 Luftbildern, die die westlichen Alliierten zur Verfügung gestellt haben und in Wünsdorf an drei Spezialarbeitsplätzen des 77-köpfigen Ber gungsteams ausgewertet werden.
Auf den Fotos und in diversen Akten finden sich militärische Anlagen, Splitter graben, Stellungen und Bombentrichter. Mit Fachkenntnis und Erfahrung lassen sich bei solchen Prüfungen Einschläge von Blindgängern erkennen. Vor allem in Oranienburg und Potsdam ist man auf diese Weise fündig geworden.
Je länger Bomben, Granaten und Geschosse in der Erde liegen, desto gefährlicher werden sie, erläuterte Koch. Die meisten Probleme bereiteten Sprengkör per mit chemischen Langzeitzündern. Weil 17 Tonnen Kampfmittel derart ver rottet waren, dass ein Transport zum Ver nichtungsplatz überaus riskant gewesen wäre, mussten sie mit 4291 Sprengung an Ort und Stelle vernichtet werden, doppelt so oft wie im Jahr davor, berichtete Koch.
Während es im gesamten Vorjahr keinen Unfall gab, wurde am Donnerstag ein Munitionsexperte im Gesicht sowie an Beinen und Händen verletzt, wie gestern bekannt wurde. Der 40-jährige Sprengmeister wollte auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Skaby bei Friedersdorf (Dahme-Spreewald) mehrere russische Übungs- und Exerziergranaten aus einem drei Meter tiefen Erdloch bergen. Dabei explodierte eine Granate. Der Mann wur de mit einem Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen.
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