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Der zukunftsweisende russische Nihilismus

  • Lesedauer: 2 Min.

War für Heidegger und Jünger die Existenz der Sowjetunion, wo das sozialistische Experiment immerhin gewagt wur de, schlichtweg ein Zivilisationsbruch, eine Widernatur, eine Ausgeburt des Bösen, so sah Nietzsche immerhin im Sozialismus eine historische Kraft, die etwas zu bewirken vermag. Als Zeichen des kommenden Jahrhunderts registrierte er das «Eintreten der Russen in die Kultur», witterte gleichwohl im voraus «Nähe der Barbarei, fantastische Kräfte». Nietzsche forderte ein «unbedingtes Zusammengehen mit Russland». Für ihn war Dostojewskij der «einzige Psychologe, von dem ich etwas zu lernen hatte». Aus dem russischen Nihilismus sah er eine zukunftweisende Kraft emporwachsen. Da Nietzsche die Totalität des Lebens bejaht, kann er nichts an sich verurteilen.

Und so finden sich auch nicht wenige Passagen nm Nietzsches Werk, in denen der Sozialismus nicht nur akzeptiert, sondern geradezu herbeigewünscht wird. Das Beste, was der Sozialismus mit sich bringe, schreibt er 1877 sei die Erregung, die er weitesten Kreisen mitteile: «Er unterhält die Menschen und bringt in die niedersten Schichten eine Art von prak tisch-philosophischem Gespräch. Insofern ist er eine Kraftquelle des Geistes.»

Diesen geistigen Aufbruch gab es nach Kriegsende in der sowjetischen Besatzungszone und in den Anfangsjahren der DDR. Nicht nur kehrten namhafte Persönlichkeiten aus der Emigration zurück oder sympathisierten mit dem sichtbaren Neubeginn. Noch augenfälliger war, dass ein ganzes Volk bzw. ein großer Teil der Bevölkerung sich auf die Schulbank setzte und eifrig an der Diskussion der wichtigsten Existenzfragen teilnahm.

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