Vernünftig, aber keine Verletzung

Martin Kröger zur Klage von 14 Piraten vorm Verfassungsgericht

  • Lesedauer: 2 Min.

Auf den ersten Blick mutet die Initiative der Piraten, die Abgeordnetenrechte zu stärken, durchaus sympathisch an. Denn genau wie den Parlamentsneulingen, die 2011 das Abgeordnetenhaus enterten, dürfte es vielen Bürgern unbekannt sein, dass der einzelne Abgeordnete im Landesparlament gar nicht so viel zu melden hat. Weder dürfen sich die Abgeordneten ihre Ausschüsse selber wählen noch auf eigene Faust Gesetzesanträge einbringen. All das ist vornehmlich den Fraktionen vorbehalten - oder einer Gruppe von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten.

So eine Unterordnung unter ein Kollektiv und die damit möglicherweise einhergehende Disziplinierung empfinden sicherlich nicht nur Piraten als Belastung. Dabei heißt es doch in der Berliner Verfassung: »Die Abgeordneten sind Vertreter aller Berliner. Sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.« Dieselbe Verfassung bestimmt allerdings auch: »Die Rechte der einzelnen Abgeordneten können nur insoweit beschränkt werden, wie es für die gemeinschaftliche Ausübung der Mitgliedschaft im Parlament notwendig ist. Das nähere regelt die Geschäftsordnung.«

Aber wie kann ein Parlament, das laut Verfassung eine Geschäftsordnung beschließen darf, mit dieser Verordnung gleichzeitig gegen die Verfassung verstoßen? Auch einige Richter des Verfassungsgerichts warfen diese Frage am Mittwoch in Richtung der Piraten-Kläger auf, als sie diese aufforderten, den Kern der Verfassungsverletzung darzulegen. Eine Antwort blieben die Piraten größtenteils schuldig. Noch ist ein Urteil nicht gesprochen. Doch für die teils vernünftigen Forderungen der Piraten ist der Verfassungsgerichtshof wahrscheinlich der falsche Ort, die Anliegen durchzusetzen.

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