Keine Einzelschicksale
Simon Poelchau über die Milliardenstrafe gegen das Bankenkartell
Die EU hat am Mittwoch ihre bis dato höchste Strafe für die Bildung von Kartellen verhängt. 1,7 Milliarden Euro müssen sechs Großbanken zahlen, weil sie in Absprache die Referenzzinssätze Euribor und Libor manipulierten. Eigentlich könnte man froh sein, dass es jetzt die Richtigen traf.
Wie hoch der Schaden ist, den die Banken anrichteten, stellte die EU-Kommission allerdings nicht fest. EU-Kommissar Joaquín Almunia räumte ein, dass selbst der Umfang der Verkäufe, die auf Grundlage der Manipulationen getätigt wurden, nicht eindeutig geklärt sei. Dabei werden die Auswirkungen der Betrügereien auf Menschen und Wirtschaft nicht zu unterschätzen sein. Die Zinssätze vieler Kredite und anderer Finanzprodukte für kleine Unternehmen und Privathaushalte hängen von der Höhe der manipulierten Referenzsätze ab. Wie solche variablen Zinssätze Menschen in den Abrund stürzen können, zeigte etwa das Platzen der Immobilienblasen in Spanien. Zuvor hatten sich viele Menschen mit billigen Hypotheken Häuser gekauft. Als die Krise kam, konnten sie die wieder steigenden Zinsen nicht mehr bedienen. Sie verloren ihr Zuhause.
Aber im Verfahren ging es eben nicht um Einzelschicksale, wie es Wettbewerbskommissar Almunia erklärte, sondern um die Bildung eines Kartells. Die Strafen wären womöglich höher gewesen.
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