Varieté mit jungen Artisten

»Der Gestiefelte Kater« im Wintergarten

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 3 Min.

Das ist einmal eine prächtige Hochzeit: Ein festlicher Marsch erklingt, der König erhebt den armen Müllerburschen alias Herr Graf zum Prinzen, vermählt ihm seine längst verliebte Tochter und schlägt den Kater zum Ritter. Dass alles so kommen konnte, verdankt sich dem Geschick und der beinah dreisten Chuzpe des fetten Schnurrers, der als einziges Erbe an den jüngsten Sohn gekommen ist. So haben es dereinst die Gebrüder Grimm notiert und dann doch nur ihrer ersten Werkausgabe beigefügt. Dennoch ist die Geschichte vom »Gestiefelten Kater« fester Bestandteil nicht nur deutschen Märchenguts. Nach ungezählten Verfilmungen und Theaterstücken erobert er gegenwärtig auch den Wintergarten als Show für die ganze Familie.

Fabian Gröger hat eigene Texte aktualisierend addiert und sie gemeinsam mit Schauspielern und dem Kinderzirkus CaBuWaZi als 90-minütiges Weihnachts-Varieté inszeniert. Dessen Marzahner Standort Springling stellt all die jungen Artisten, die geschickt in die Handlung einbezogen sind. Seiltänzerinnen stimmen ein, die aufmüpfige Prinzessin, zwar gedoubelt, zeigt Äquilibristik und wird dafür vom Vater als zu volksnah gescholten. Im Wald und auf der Heide findet Jennifer Jefka als kess krakeelender Kater jene Plüsch-Rebhühner, die dem König gebraten so munden und den Betrug möglich machen. Die beiden Diener sind freilich auch Artisten, jonglieren, springen Seil, schlagen Salti. Kaffee Krönung begehrt der Herrscher, an der Prinzenrolle nascht die heiratswillige Tochter, singt und tanzt schmissig von der Juliska aus Budapest.

Der Müllersohn aber weiß kaum, wie ihm geschieht. Sieben kleine Frösche türmen sich zu Pyramiden, Bauern zeigen Kunststückchen auf Einrädern, vier Mädchen turnen, bester Beitrag, souverän am Doppel-Trapez, mit Fuß- und Fersenhang, andere an den Strapaten. Alle formen sich zum düsteren Orakel, das vor dem großen Zauberer warnt. Doch auch ihn, die großmäulige Puppe, trickst der taffe Kater aus und frisst ihn, verwandelt in eine Maus.

Im feurigen Finale springen alle CaBuWaZi-Beteiligten über Seile diverser Längen, die auch knifflig ineinander verschachtelt sind. Selbst wenn dabei nicht jeder Trick gelingt, tut das dem Zusehvergnügen keinen Abbruch. Live ist eben live, besonders mit Kindern und Jugendlichen. Wie vielseitig sie eingesetzt sind, als Artisten und Darsteller, mit wie viel Freude sie dabei agieren, sichert ihnen rasch die Sympathien der großen und kleinen Besucher.

Pit Pit Granowski als der fressgierige König und Anna Pircher als seine selbstbewusste Tochter haben sie ohnehin. Dass die Gruppe Polkageist, neben Zitaten klassischer Musik, in modernem Sound Volkslieder intoniert, ist besonders dankenswert: Wo außer im »Gestiefelten Kater« werden sie heute noch gesungen? Bravo für ein temporeiches Varieté von Kindern für den Rest der Welt.

Bis 22.12. jeweils sonntags, Wintergarten, Potsdamer Str. 96, Kartentel.: (030) 58 84 33, www.wintergarten-berlin.de

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