Linkenpolitiker: DGB unkritisch gegenüber Großer Koalition

Klaus Ernst: Interessen der SPD über die der Gewerkschaft gestellt / Sommer rechnet mit Zustimmung der SPD-Basis zuR Regierungsvereinbarung

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Berlin. Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Klaus Ernst, hat die Gewerkschaften für ihre unkritische Haltung gegenüber der SPD und der Regierungsbildung mit der Union kritisiert. »Nur um die Große Koalition nicht zu gefährden«, hätten die Gewerkschaften während der Verhandlungen »still gehalten«, sagte Ernst gegenüber der »Welt«.

Die Spitzen der Beschäftigtenorganisationen hätten »zu schnell« auf das Bündnis von SPD und Union gesetzt, dabei sei eine Regierungsvereinbarung herausgekommen, die Ernst als »Mogelpackung« und »Etikettenschwindel« bezeichnete. Als Grund für die »unkritische Haltung« des DGB sieht der Linken-Politiker unter anderem eine »zu enge Verzahnung« zwischen den Führungen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie. Dies führe auch dazu, dass die Interessen der SPD über die der organisierten Beschäftigten gestellt würden. Er fühle sich dabei, so Ernst weiter, »fatal an die Zeiten der Agenda 2010« erinnert, auch damals hätten die Gewerkschaften es versäumt, den Kurs der SPD zu verhindern.

Dagegen hat DGB-Chef Michael Sommer den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD gelobt. Gemessen am Wahlergebnis sei eine ganze Menge durchgesetzt worden, sagte er der »Passauer Neuen Presse«. Sommer meinte zudem , »die Interessen der kleinen Leute, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, finden sich in diesem Koalitionsvertrag wieder«. Er selbst habe bereits für den Koalitionsvertrag votiert: »Der Brief ist schon abgeschickt. Ich habe mit Ja gestimmt.«

Sommer verweis vor allem auf den geplanten Einstieg in den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn. Dies sei ein »erster Schritt zu einer neuen, gerechteren Ordnung der Arbeit«, sagte der DGB-Vorsitzende. Die Gewerkschaften seien in Einzelfällen aber auch bereit, Branchentarifverträge abzuschließen, in denen Ausnahmen bis Ende 2016 befristet seien. Dies werde allerdings nicht mit einzelnen Unternehmen geregelt, sondern mit dem Arbeitgeberverband und über einen Flächentarifvertrag. Auch würden solche Ausnahmen nur hingenommen, wenn es im Gegenzug »Zusagen der Arbeitgeber zur Beschäftigungssicherung« gebe.

Der DGB-Chef sprach sich zudem dafür aus, den Stundensatz von 8,50 Euro alsbald zu erhöhen. Es spreche »viel für eine ausdrückliche Empfehlung« der Mindestlohn-Kommission, den Mindestlohn »schon vor 2017 anzuheben«, sagte Sommer. 80 Prozent der Deutschen wollten inzwischen die Einführung des Mindestlohns, sagte Sommer. Aufgrund des Koalitionsvertrags von Union und SPD werde ab 2015 »endlich« der Mindestlohn gelten. Agenturen/nd

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