Starke Signale für die NADA

Vorstandschefin Andrea Gotzmann freut sich über Finanzspritzen aus Sport und Politik für die Antidoping-Behörde

  • Lesedauer: 5 Min.
Andrea Gotzmann steht seit 2011 an der Spitze der Nationalen Anti-Doping Agentur (NADA). Die ehemalige Nationalspielerin im Basketball studierte Sportwissenschaften und Chemie in Köln und wurde danach wissenschaftliche Mitarbeiterin von Dopinganalytiker Manfred Donike. Mit Oliver Händler sprach die 56-Jährige über die fehlende Planungssicherheit der NADA, zahlungsunwillige Bundesländer und die Schwächen des neuen Antidoping-Gesetzes.

nd: Steht der Etat der Nationalen Anti-Doping Agentur für 2014 endlich?
Gotzmann: Ja. Wir haben unsere Zusagen bekommen, insbesondere von unserem sehr verlässlichen Partner, dem Bundesinnenministerium, das erneut eine Million Euro zur Unterstützung des Dopingkontrollsystems beitragen wird und darüber hinaus noch einen Beitrag zu unserer Präventionsarbeit leisten will. Daher können wir optimistisch in das nächste Jahr gehen.

Das Geld des Bundes kommt, ohne vorher die noch nicht existierenden Sport- und Haushaltsausschüsse des Bundestags zu passieren?
Das ist richtig. Das Bundesinnenministerium hat es natürlich noch nicht im Haushaltsplan stehen. Deshalb wird es ein bisschen dauern, bis wir das Geld auf dem Konto haben, aber ich habe eindeutige Zusagen.

Im Koalitionsvertrag steht der Satz: »Die nachhaltige Finanzierung der NADA stellen wir sicher.« Wissen Sie schon, wie die aussehen soll?
Wir sprechen ständig - auch vor den Koalitionsverhandlungen - mit dem Ministerium. Wir haben gesagt, wie wir uns die Aufgaben der NADA vorstellen. Derzeit sind wir für alle Trainingskontrollen in Deutschland zuständig, aber nur für einen Teil der Wettkampfkontrollen. Die möchten wir auch komplett bei der NADA wissen. Ebenso das Ergebnismanagement, so dass eine neutrale Instanz und nicht die Sportverbände Sperren für Athleten ausspricht. Das ist unsere Zukunftsstrategie, die wir mittel- und langfristig finanzieren müssen. Wichtig war aber jetzt erst einmal, 2014 in trockene Tücher zu bekommen.

Die fehlende Nachhaltigkeit war immer ein Kritikpunkt von Ihnen: Sie könnten immer nur von Jahr zu Jahr planen. Glauben Sie, der eine Satz im Koalitionsvertrag ändert das?
Das hoffe ich. Es ist eines unserer wichtigsten Ziele, nicht nur bis zum 31.12. zu planen und auch nicht immer wieder kämpfen zu müssen, den Standard zu halten, denn das ist keine Nachhaltigkeit. Wir haben Projekte, die über ein Jahr hinausgehen.

Zum Beispiel?
Wir wollen in den Aufbau einer leistungsstarken Datenbank investieren. Auch Projekte im Präventionsbereich sind nicht nach einem Jahr zu Ende. Hinzukommt die Zusammenarbeit mit Laboren, Langzeitlagerung von Proben, die später erneut analysiert werden sollen. Und unsere hochmotivierten Mitarbeiter müssen auch wissen, dass ihr Arbeitsplatz sicher ist.

Arbeiten die denn immer nur auf Basis befristeter Jahresverträge?
Nein, das geht auch aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht. Aber wir haben kaum Luft, um mal eine Stelle für neue Aufgaben zusätzlich auszuschreiben. Dabei wird ab 2015 die Umsetzung des neuen WADA-Codes viel Arbeit mit sich bringen. Der beinhaltet eine Vielzahl von Anforderungen an die nationalen Antidoping-Agenturen, stärkt aber gleichzeitig deren Positionen. Wir möchten den Code genauso umsetzen, wie es gefordert wird. Das ist wichtig im internationalen Kontext. Denn wir können bei anderen nur das Niveau einfordern, auf dem wir selbst arbeiten.

Das klingt, als stagniere das operative Budget bei 4,5 Millionen Euro.
Das stimmt. Zusätzlich hoffen wir mit unserer 2014 anlaufenden Marketingkampagne noch neue Sponsoren aus der Wirtschaft oder andere Partner zu gewinnen. Es ist unser Ziel, das Stakeholder-Modell wiederzubeleben, nach dem sich Bund, Wirtschaft, Sport und Länder beteiligen sollen. Von den Ländern ist aber leider überhaupt nichts gekommen. Hingegen hat der Sport am vergangenen Wochenende 200 000 Euro zusätzlich bereitgestellt. Die Landessportbünde hatten bereits vor einigen Wochen ihren Beitrag von 30 000 auf 100 000 Euro erhöht. Das sind deutliche Signale für unsere Arbeit.

Befürchten Sie nach der eindeutigen Zusage des Bundes, dass die säumigen Stakeholder aus der Wirtschaft und den Bundesländern weiter ihren zugesagten Beitrag nicht zahlen werden?
Das weiß ich nicht. Vielleicht hat man bei der Gründung der NADA vergessen, Verpflichtungen festzulegen. Die Länder waren am Anfang dabei, ziehen sich aber jetzt auf die Position zurück, nur für Prävention zuständig zu sein, obwohl das nirgendwo schriftlich so fixiert ist. Das können wir nicht gutheißen, und es wird auch vom Bund immer wieder angemahnt.

Sie glauben aber wirklich noch an das Stakeholder-Modell?
Ich fände es eben gut für unsere Arbeit, wenn so die im neuen WADA-Code festgeschriebene Autonomie garantiert bliebe. Unabhängig zu sein, ist zwar immer schwierig, wenn man Geldgeber braucht. Aber die Autonomie unserer Arbeit muss gewährleistet und gestärkt werden. Dafür wäre es gut, auf mindestens drei Beinen zu stehen.

Ein Antidoping-Gesetz hat vor Kurzem den Bundesrat passiert. Ist das in Ihrem Sinne, oder schließen Sie sich der Kritik an, dass Trainingskontrollen nicht inbegriffen und nur Profis erfasst sind?
Das Gesetz geht jetzt in die Fachausschüsse des Bundestags. Dann wird man sehen, wie dies juristisch umsetzbar ist. Aber wir begrüßen grundsätzlich alles, was dem Schutz der sauberen Athleten dient. Wichtig für uns sind eine starke Sportschiedsgerichtsbarkeit und die gute Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden.

Wen sollen die denn verfolgen? Nur Hintermänner oder auch Sportler?
Die Sportschiedsgerichte sind ein sehr scharfes Schwert, das schnell Sperren von zwei, demnächst sogar vier Jahren aussprechen kann, wenn diese Forderung des WADA-Codes in Deutschland mit der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Die Sperren tun den Sportlern weh. Das haben wir im Fall Lance Armstrong gesehen, der seine lebenslange Sperre als Todesstrafe bezeichnet hat. Für mich ist das kein passender Vergleich, aber man sieht, dass es Athleten schmerzt, wenn man ihnen die Grundlage entzieht. Der dopende Athlet agiert heute aber auch nie allein. Es gibt ein kriminelles Umfeld, das bei unseren guten Antidoping-Maßnahmen schon einiges an Logistik aufbringen muss. Auch da muss man über die Strafverfolgungsbehörden rankommen.

Wenn die aber nur Hintermänner und Profisportler ins Visier nehmen, können dopende Gewichtheber, Leichtathleten oder Ruderer doch weiter machen wie zuvor.
Die Fachleute müssen Definitionen finden, um alle Athleten im Hochleistungssport zu erfassen. Das Gesetz ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. Es darf aber nicht nur um Wettkampfkontrollen gehen, denn gedopt wird im Training, um sich für den Wettkampf stärker zu machen.

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